Wie hoch soll der Rundfunkbeitrag für ARD und ZDF sein? Wie viele Kanäle dürfen sie betreiben? Das Ringen um Reformen der Öffentlich-Rechtlichen ist heftig – mit aktuell zwei besonderen Schauplätzen.
Timing ist alles: In einer für die deutsche Medienlandschaft entscheidenden Woche trifft sich die Branche zu ihrer großen traditionellen Herbstkonferenz bei den Medientagen München. Und die Ministerpräsidenten der Länder ringen in Leipzig um eine Lösung im Dauerstreit zu Reform und Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender. Ausgang offen.
Die Spekulationen zur Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandradio werden eines der Hauptthemen unter den erwarteten rund 5000 Medienschaffenden bei den Medientagen sein. Gleich zum Auftaktgipfel am Mittwoch (23.10.) steht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf der Bühne. Der CSU-Chef lehnte immer wieder die heiß diskutierte Erhöhung des Rundfunkbeitrages ab – wie auch einige andere Länderchefs, jüngst erneut Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Wird Söder diese Ablehnung unmittelbar vor dem Treffen der Ministerpräsidenten in Leipzig noch einmal auf offener Bühne aussprechen? Vorgeglüht wird schon am Vorabend bei Söders Glamourempfang für die Medienbranche in der Münchner Residenz.
Streit um den Rundfunkbeitrag
Einer Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) zufolge soll der Beitrag zum Jahreswechsel um 58 Cent auf monatlich 18,94 Euro steigen. Die Länder müssen sich eng an der Empfehlung orientieren. Den Rundfunkbeitrag zahlen Haushalte und Unternehmen zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medienhäuser – 2023 kamen rund neun Milliarden Euro zusammen. Sagt auch nur ein Land nein, kann der Beitrag nicht steigen. Der Fall könnte am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht landen.
Parallel zum Ringen um das Geld reformieren die Länder aktuell die Staatsverträge, die Auftrag und Struktur der Rundfunkhäuser festlegen: Wie viele Hörfunk- oder TV-Kanäle soll es geben? Was dürfen die Öffentlich-Rechtlichen im Internet neben Video und Audio auch an Texten anbieten? Hamburgs Mediensenator Carsten Brosda (SPD) legte sich in einem Gespräch mit dem Sender 3sat schon fest: Entweder, die Länderchefs entscheiden zur Reform inklusive Finanzierung – oder es gibt gar nichts. Wird die Reform platzen? Spätestens am Freitag zum Ende der Ministerpräsidentenkonferenz wird das feststehen.
Wettbewerb im Netz
Verlagsvertretern in Deutschland sind die Textmengen seit langem zu viel – das sei presseähnlich und damit unerlaubte Konkurrenz. Kurz vor dem Treffen der Länderchefs bot der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke in dem jahrelangen Streit eine Selbstverpflichtung der Öffentlich-Rechtlichen zu Text-Regeln im Netz an – als Alternative zu schärferen Regeln im Entwurf für die Länderreform. Der Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hält davon nichts und besteht auf Regeln durch den Gesetzgeber.
Bei den 38. Medientagen in München – kurz #MTM24 – treffen die Kontrahenten quer durch die Medienhäuser aufeinander. Konferenz-Chef Stefan Sutor: „Das ist das Besondere: Wir bringen die gesamte Branche an einem Ort zusammen.“
Aufruf zur Zusammenarbeit
Das Treffen bietet auch Chancen, um statt Streit und Wettbewerb neue Kooperationen auszuloten – so sieht es der Chefaufseher für private Radio- und TV-Sender in Bayern, Thorsten Schmiege. Er ist Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), eine der Hauptträgerinnen der Medientage. „Gerade, wenn es schwieriger wird in einer digitalisierten Medienwelt, finde ich es einen ganz wichtigen Ansatz, noch stärker auf Kooperation zu schauen“, sagt Schmiege. Sprich: Rauft euch zusammen! Denn die eigentlichen Konkurrenten sind die großen internationalen Plattformen wie Netflix, Amazon, Google und Co.
„Spannend wird tatsächlich die Ministerpräsidentenkonferenz“, meint Schmiege mit Blick auf die Diskussion um Kooperationen auch in Leipzig. „Wenn die Politik das jetzt auch tatsächlich stärker unterstützt, dann bin ich optimistisch, dass die Hürden, die manchmal auch nur im Kopf bestehen, zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten dann doch abgebaut werden können.“
Chancen und Risiken durch KI
Das inhaltlich große Konferenzthema im Münchner Szenequartier Werksviertel ist der digitale Wandel der Branche, gerade noch einmal massiv beschleunigt durch Künstliche Intelligenz. „Realities“ lautet der Titel des diesjährigen Treffens. Sowohl die Risiken als auch die Chancen für die Branche sind Medienexperten zufolge enorm. Neben der Medienpolitik bietet die neue Technik viel Stoff für die insgesamt mehr als 100 Veranstaltungen mit rund 300 Podiumsgästen an den drei Konferenztagen.
„Wir diskutieren die Auswirkungen der KI auf die Medien und damit verknüpft auf die gesamte Gesellschaft“, sagt Konferenz-Chef Sutor. „Die Medien nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein, sie haben eine besondere Verantwortung“, mahnt er.
Text: dpa/ Redaktion: JN
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