Nach der Vorstellung eines Gutachtens über sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Erzbistum München und Freising hat die FDP im bayerischen Landtag den Rücktritt des Kirchenrichters Lorenz Wolf als Vorsitzender des BR-Rundfunkrates gefordert.
„Ein solcher Mensch ist nach Auffassung der FDP-Landtagsfraktion nicht geeignet für die Position als Rundfunkrats-Vorsitzender des Bayerischen Rundfunks“, sagte der medienpolitische Sprecher der Landtags-FDP, Ex-„Focus“-Herausgeber Helmut Markwort, am Dienstag in München.
Das vom Erzbistum in Auftrag gegebene Gutachten über Fälle sexuellen Missbrauchs in der Diözese war am Donnerstag vergangener Woche veröffentlicht worden. Darin wird auch dem Offizial Wolf Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchstätern in mehreren Fällen vorgeworfen. Wolf wollte dazu in der vergangenen Woche auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht Stellung beziehen.
BR-Rundfunkrats-Chef Wolf erkennt Gutachten nicht an
Wolf sagte, er habe Fälle, von denen er Kenntnis erlangt habe, sehr ernst genommen und auch dementsprechend bearbeitet. Er betonte, Betroffene hätten von ihm „jede Unterstützung bekommen, die sie wollten“, heißt es in der Studie. Dort steht auch, Wolf habe die Rechtmäßigkeit des Gutachtens und die Unabhängigkeit der Gutachter angezweifelt.
Zur Forderung der FDP-Landtagsfraktion, Wolf müsse als Vorsitzender des BR-Rundfunkrates zurücktreten, sagte Markwort: „In der Aufgabe geht es um Transparenz, Aufklärung und Wahrheit“. Auch ein Wechsel Wolfs in den Verwaltungsrat komme „unter diesen Umständen“ nicht infrage, betonte Markwort. Der 85-Jährige ist selbst ebenfalls Mitglied des Rundfunkrates.
Aussitzen statt Rücktritt? Amtszeit läuft noch bis zum Frühjahr
Der Rundfunkrat, das Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Senders, äußerte sich auf dpa-Anfrage nicht zu den Forderungen. „Als Leiter der Geschäftsstelle des Rundfunkrats kann ich zu einer Forderung der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag im Kontext des Missbrauchsgutachtens keine Stellung nehmen“, teilte Karl-Felix Scheele mit. Auch Wolf selbst reagierte zunächst nicht.
Wolf ist seit 2014 Rundfunkratsvorsitzender. Im Frühjahr endet die laufende Amtszeit für ein Gutteil der 50 Mitglieder. Das Gremium aus Vertretern politischer, weltanschaulicher und gesellschaftlicher Gruppen wird dann neu zusammengesetzt und wählt auch seinen Vorsitz neu. Seit 2010 leitet Wolf das Katholische Büro in Bayern, seit 1997 ist er oberster Kirchenrichter im Erzbistum München und Freising.
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