Nicht nur die Privaten weisen Unterhaltungsformate gerne als Information aus, sondern auch ARD und ZDF. So deklarieren die Öffentlich-Rechtlichen etwa „Tim Mälzer kocht“ und „Wetten, dass…? – Die Promi-Party“ bei der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) als Informationssendungen.
Die ARD verteidigte das Vorgehen gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagsausgabe). Ein Sendesprecher führte aus, dass in der Kochshow mit Tim Mälzer hauptsächlich darüber „informiert“ werde, wie die Gerichte zubereitet werden. Das Programm sei deshalb weder als Fiktion noch als Show einzustufen.
Kritisch ist, dass der hohe Informationsanteil von 40 bis 50 Prozent, mit dem sich die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt schmückt, durch diese Praxis künstlich erhöht wird. Die Auswertung übernimmt die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF), ein Zusammenschluss von ARD, ProSiebenSat.1, RTL, ZDF und der Pay-TV-Plattform Sky.
Für die Statistiken der AGF codieren die Sender ihre Programme selbstals Unterhaltung oder Information. Im Gegensatz dazu nimmt dasGöttinger Institut für angewandte Kommunikationsforschung (Göfak) die Einstufung für die Landesmedienanstalten vor, die beispielsweise überProgrammverstöße wachen soll.
Das Institut ordnet die Programme nichtnur in die Bereiche Information und Unterhaltung, sondern auch in eineMischkategorie ein, in die Sendungen fallen, die sowohl informativals auch unterhaltend sind. In diese Kategorie fallen beispielsweiseauch Kochsendungen. Laut der Statistik der Göfak kommt die ARD so lediglich auf einen Informationsanteil von 37 Prozent.
Anders verhält es sich beim ZDF. Der Sender gab der „SZ“ zu Protokoll, die AGF-Werte würden lediglich intern genutzt und würden damit nicht zu einer Verfälschung führen. So werde die „Küchenschlacht“ als „informierende Unterhaltung“ kategorisiert und würde damit als Unterhaltung gelten. Die „Wetten, dass…? Promi-Party“ sei hingegen „unterhaltende Information“. Mit derartigen Kategorien sei eine „Verschönerung“ der Statistiken nicht möglich.
Auch am Mainzer Lerchenberg nimmt man den kritischen Blick auf die Auswertungsgewohnheiten aber offenkundig zur Kenntnis. Man würde senderintern darüber nachdenken, die „Küchenschlacht“ in der AGF-Statistik umzucodieren, hieß es in vorauseilendem Gehorsam. Da die Daten der AGF nicht öffentlich zugänglich sind, ist es allerdings schwierig, die Codierungen der Programme zu überprüfen und nachzuvollziehen.
Grund für die derzeitige Diskussion um die Kennzeichnung von Programminhalten war eine Ausgabe des ARD-Magazins „Panaorama“, in der vor allem dem privaten Konkurrenten RTL vorgeworfen wurde, sogenannte Scripted-Reality-Formate nicht als Unterhaltung, sondern als Information zu kennzeichnen. Im Anschluss hatte der Kölner Privatsender der ARD vorgeworfen, es bei der Codierung ihrer Programme selbst nicht so genau zu nehmen. [rh]
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