
Als neuem Präsidenten der Zeitschriftenverleger bleibt Rudolf Thiemann der Streit über die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender im Internet nicht erspart. Bei seinem Antritt warnt er allerdings vor allzu scharfen Tönen.
Weiter Streit um das Online-Angebot der Öffentlich-Rechlichen: Der frischgewählte Präsident des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Rudolf Thiemann, hat eine deutliche Beschränkung des Internet-Angebots der Sender gefordert. Die Länder müssten über den Rundfunkstaatsvertrag sicherstellen, dass die mit den Beiträgen finanzierten Telemedien von der digitalen Presse unterscheidbar blieben und entsprechende Verbote durchsetzen, sagte Thiemann zum Auftakt des VDZ-Jahreskongresses am Montag in Berlin.
Vor Journalisten warnte er vor einer Zuspitzung des Streits. Es gebe in Deutschland keine „Staatspresse“. Allerdings verfälschten die textlastigen und presseähnlichen Inhalte der den Wettbewerb im Netz immer mehr. „Wir geraten in eine Schieflage“, sagte Thiemann.
Es gebe immer wieder „apokalyptisdche Visionen“ zur Entwicklung von Print. „Übertreibungen helfen nicht weiter“, warnte Thiemann auf dem Kongress. „Besser ist es, sich ein Bild zu machen von den Zuständen, wie sie sind.“
Im Streit um die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen im Netz hatte der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Mathias Döpfner, in der vergangenen Woche frühere Äußerungen präzisiert: „Wenn dann irgendwann quasi nur noch öffentlich-rechtliche Online-Zeitungsangebote zur Verfügung stünden, dann und nur dann würde eine Art „Staatspresse“ entstehen, ein Monopol, das von zentral erhobenen Gebühren lebte und unter der Aufsicht von Politikern aller Parteien stünde“, hatte der Springer-Vorstandschef erklärt.
Wie seine Vorgänger lehnt auch Thiemann drohende Werbeverbote sowie Pläne für mehr Datenschutz aus Brüssel ab. Die Telefonwerbung etwa sei ein wesentliches Instrument der Verlage, um Abonnenten zu gewinnen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sagte den Verlegern Unterstützung in diesen Fragen zu.
Thiemanns Wahl soll wieder Ruhe in den VDZ bringen. Vor einem Jahr hatte der Verleger Hubert Burda nach zwei Jahrzehnten nicht mehr kandiditiert. Die anschließende Wahl des Funke-Mitgesellschafters Stephan Holthoff-Pförtner („Waz“, „Hörzu“) hatte Irritationen unter anderem bei mehreren Hamburger Verlagshäusern ausgelöst.
Die Verlage vom „Spiegel“, der „Zeit“, Gruner + Jahr („Stern“, „Geo“) sowie die Mediengruppe Medweth (Rheinfelden/Baden) traten aus dem Bundesverband aus, blieben aber Mitglied in den Landesverbänden. Thiemann sagte, er respektiere die Entscheidung, die Umstände, die Anlass für den Austritt gewesen seien, seien aber mittlerweile nicht mehr gegeben.
Im Juni gab Holthoff-Pförtner überraschend das Amt wieder ab und wurde Kabinettsmitglied in der neuen schwarz-gelben NRW-Landesregierung als Minister für Bundesangelegenheiten, Europa, internationale Beziehungen und Medien. Inzwischen ist das CDU-Mitglied im bevölkerungsreichsten Bundesland nicht mehr für Medienpolitik zuständig.
Thiemann (62), geschäftsführender Gesellschafter der Liborius-Verlagsgruppe (Hamm) und langjähriger VDZ-Vizepräsident, war am Sonntag einstimmig an die VDZ-Spitze gewählt worden. Als Verleger und geschäftsführender Gesellschafter der Liborius-Verlagsgruppe – mit konfessionellen Titeln wie „Liboriusblatt“, „Christliche Woche“ und „Bayerisches Sonntagsblatt“ – leitet Thiemann das Familienunternehmen im westfälischen Hamm seit 1985 in vierter Generation. Der VDZ vertritt nach eigenen Angaben rund 500 Verlage. [dpa]
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