ZDF verteidigt Digitalkanäle – nach Beck übt auch Neumann Kritik

33
51
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) unterstützt den Appell des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD), das Angebot der öffentlich-rechtlichen Digitalkanäle zu reduzieren. Das ZDF will davon nichts wissen und weist die Kritik aus medienpolitischen Kreisen zurück.

„Die Länder haben uns beauftragt, derartige Programme anzubieten. Darüber können wir uns doch nicht einfach hinwegsetzen“, verteidigte ein Vertrauter von ZDF-Intendant Markus Schächter die Digitalkanäle ZDFneo, ZDFkultur und ZDFinfo gegenüber dem „Handelsblatt“ (Donnerstagsausgabe). Daher sei es medienrechtlich unzulässig, die Kanäle einzustellen.
 
Ministerpräsident Beck hatte in einem Interview mit dem Fachmagazin „Promedia“ die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt aufgefordert, ihre Spartenkanäle zu reduzieren. Für Beck sei es wichtig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk „zeitgemäße, den finanziellen wie programmlichen Herausforderungen entsprechende Strukturen“ schaffe. „Insofern könnte ich mir vorstellen, dass ARD und ZDF zunächst ihre Infokanäle aufgeben und Phoenix als gemeinsamen Ereignis- und Dokumentationskanal stärken“, so der Ministerpräsident.
 
In die selbe Kerbe schlägt nun auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). Wie die Nachrichtenagentur dapd am Mittwoch meldete, verwies der Politiker darauf, dass alle den Gürtel enger schnallen müssten, zumal eine Gebührenerhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk derzeit nicht in Sicht sei.
 
„Deshalb sollten ARD und ZDF sich wieder verstärkt auf ihren eigentlichen Funktionsauftrag besinnen und eher ihre Vollprogramme sowie die Kultur- und Infosender wie Arte, 3sat und Phoenix qualitativ stärken, anstatt ihre Programmangebote immer weiter auszudehnen und zu zersplittern“, äußerte der Kulturstaatsminister.

ARD und ZDF sollten ihre Stärken und Aufgaben, ein anspruchsvolles Informations- und Kulturprogramm anzubieten, nicht zunehmend auf Digitalkanäle verlagern, forderte Neumann weiter und ergänzte: „Auch das Ziel, mehr junge Leute als Zuschauer zu gewinnen, darf nicht primär digitalen Kanälen überlassen bleiben, sondern ist Aufgabe aller Programme“.
 
Ein ZDF-Sprecher verwies indes auf die geltende Gesetzgebung, die im Sommer 2009 – unter anderem mit der Zustimmung von Rheinland-Pfalz und Ministerpräsident Beck – in Kraft getreten ist. So erfülle die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt „den im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgegebenen Auftrag, drei konkret beschriebene Digitalkanäle“ anzubieten. „Nicht wir definieren unseren Auftrag, sondern die für den Rundfunk zuständigen Länder“, hieß es beim ZDF.
 
Staatsminister Neumann wies ebenfalls darauf hin, dass die Bundesländer die Anzahl der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks staatsvertraglich festgelegt hätten. Er rief die Länder auf, eine Veränderung herbeizuführen.
 
In dem Zusammenhang hatte der Deutsche Journalisten Verband ARD und ZDF Rückendeckung gegeben und den Verdacht geäußert, dass es Ministerpräsident Beck nicht um eine kontinuierliche Rundfunkpolitik, sondern um die Einmischung in Rundfunkangelegenheiten der Sender gehe. Autonomie und Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gingen vor kurzfristigen Erwägungen, mit dem Argument vermeintlicher Einsparungen in der Öffentlichkeit zu punkten, so DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken am Dienstag (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).
 
Immerhin sei „Herr Beck schon in der Rundfunkpolitik aktiv“ gewesen, „als die Weichen für die Digitalkanäle gestellt wurden“, äußerte sich Konken erstaunt über Becks Aussagen. Alle Bundesländer seien erst vor drei Jahren zu der Auffassung gelangt, dass diese Programme den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entsprächen – auch Rheinland-Pfalz.Einsparungen und Defizit

Beck hatte mit seiner Kritik an den Digitalkanälen vor allem für Einsparungen bei den Öffentlich-Rechtlichen sorgen wollen. Auch diese Kritik wies ein ZDF-Sprecher zurück: „Der Ausbau von ZDFneo, ZDFkultur und ZDFinfo erfolgte durch interne Einsparungen, also ohne zusätzliche Gebührenmittel“.
 
Dies ist vor allem im Hinblick auf das Anfang Dezember angekündigte Defizit von 75 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2012 gewagt. Doch Kritiker beanstanden ebenfalls das Programm der Digitalkanäle, da viele Leistungen vom Hauptsender gratis erbracht werden, beispielsweise durch Zwei- und Drittauswertungen von Filmen und Serien wie „Terra X“, „Wilsberg“ oder „Inspector Barnaby“, die nicht gesondert in Rechnung gestellt werden.
 
Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf ZDF-Angaben berichtete, verfügt der im November 2009 gestartete Kanal ZDFneo über einen jährlichen Etat von rund 30 Millionen Euro. Jeweils 18 Millionen Euro würden dem Jugend- und Kulturkanal ZDFkultur sowie dem Informationssender ZDFinfo zur Verfügung stehen. Beide Spartensender haben in den vergangenen 12 Monaten einen Neustart durchgeführt. So ging ZDFkultur im Mai aus dem früheren Theaterkanal hervor. Der ZDFinfokanal startete mit neuem Design und neuer Strategie im September als ZDFinfo neu. [js]

Bildquelle:

  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
33 Kommentare im Forum
  1. AW: ZDF verteidigt Digitalkanäle - nach Beck übt auch Neumann Kritik Na Gott sei Dank, hat unser Land keine anderen Probleme!
  2. AW: ZDF verteidigt Digitalkanäle - nach Beck übt auch Neumann Kritik Die wenigen vernünftigen Sender mit ansprechendem Kultur- und Informationsprogramm für die Generation 25-45 Jahre. Es ist gut so, das dieses Metier endlich von den Öffentlich Rechtlichen angefasst wird, wo dort doch haufenweise gute und anspruchsvolle Formate aller Couleur fernab des Quotendrucks der Privaten gezeigt werden, sie doch im weiteren TV Geschäft keinen Platz mehr finden würden. Diese sollen jetzt überflüssig sein? Ich bitte die Diskussion der Politik dann doch bitte auf die Qualität der privaten Free-TV-Anbieter zu lenken. Kommt mal was gutes im Fernsehen soll es gleich wieder wegdiskutiert werden. Als ob Herr Beck keine wichtigeren Themen hat um die er sich scheren sollte. Zeigt er mit seinem Kommentar doch, das er von den Inhalten die dort gezeigt werden eh keine Ahnung hat.
  3. AW: ZDF verteidigt Digitalkanäle - nach Beck übt auch Neumann Kritik Man könnte 3Sat in Arte integrieren und muss den Franzosen nur den Einstieg der Schweizer und Österreicher klar machen. Ansonsten decken die Digitalkanäle ein sehr gutes Nischenangebot ab, dass es so nicht bei privaten Anbietern gibt. Daher ist es für mich öffentlicher Auftrag. Zum Thema Kostenreduzierung: Herr Beck sollte mal lieber vor der eigenen Haustüre kehren. Wie viel hat er denn schon in seinen Lieblingsfussballclub Kaiserslautern aus Staatsmitteln (auch indirekt über Lotto) hineingebuttert ?
Alle Kommentare 33 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum