
Mainz – Kaum ist der Wechsel des ZDF-Moderators Steffen Seibert in die Mannschaft von Kanzlerin Angela Merkel verkündet, hagelt es Kritik von den Kollegen. In einem Brief kritisieren Verdi-Gewerkschaftskollegen vom ZDF den neuen Regierungssprecher.
Schon in der knappen ZDF-Mitteilung zum Wechsel des ZDF-Manns (DIGITAL FERNSEHEN berichtete), konnte man den Worten des ZDF-Chefredakteurs Peter Frey leise Kritik entnehmen: „Wir bedauern, dass Steffen Seibert seine Perspektive nicht im Journalismus gesehen hat. Er nimmt die bundesweite Bekanntheit, die er auf dem Schirm als Moderator erworben hat, und die damit verbundene Kompetenz und Glaubwürdigkeit mit in seine neue Aufgabe“, erklärte der ZDF-Chefredakteur am Sonnabend.
Der Vorgänger Seiberts, Ulrich Wilhelm, wird nun Intendant beim BR und so ruft auch der Wechsel des ZDF-Moderators Kritiker auf den Plan. Die Gewerkschaftskollegen von Verdi im ZDF richten einen Brief an Seibert. Freundlich geht es los: „Lieber Steffen Seibert, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Perspektive als Sprecher von Angela Merkel. Die Bundesregierung braucht endlich gute Leute – das sehen wir auch so.“ Seibert habe nun die Chance, der Kanzlerin zu erklären, wie wichtig Staatsferne für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist und warum auf Redaktionen kein politischer Einfluss ausgeübt werden soll. Und weiter: „In der Öffentlichkeit wurde oft behauptet, die CDU würde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Karrieren beeinflussen. Ihre Berufung beweist, dass ein berufliches Fortkommen auch in umgekehrter Richtung möglich ist.“
Die Kollegen würden sich über den Wechsel freuen, heißt es in dem Brief, denn Seiberts Wechsel könnte nach Ansicht der Kollegen „ein erster Schritt sein, eine ganze Reihe unübersehbarer Kompetenzprobleme in Merkels Kabinett zu lösen“. Dazu passend gibt es gleich eine Reihe von Vorschlägen: „Wäre das Wirtschaftsressort nicht bei einem Wiso-Kollegen in besseren Händen? Und für das Außenministerium kämen gleich mehrere erfahrene Korrespondenten in Frage, die sogar Fremdsprachen beherrschen. Das Magazin ‚Leute heute‘ könnte eine telegene Familienministerin stellen.“
So wünschen die Kollegen Seibert viel Glück, wenn er mit „aller Kraft den Bürgern Merkels Politik vermitteln“ wird. „Die alte Regel, derzufolge ein Wechsel vom unabhängigen Journalismus in die aktive Politik eine Einbahnstraße und eine Rückkehr ausgeschlossen sei, ist nicht mehr zeitgemäß. Ihr Vorgänger wurde zum Intendanten des Bayerischen Rundfunks gewählt. Wir freuen uns auf eine Rückkehr, Intendanten werden immer wieder gesucht“, heißt es dann zum Abschluss. [cg]
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