Der neue Jugendkanal von ARD und ZDF könnte an seinem schwachen Konzept scheitern. Die komplette Ausarbeitung liegt dem Portal „Newsroom“ vor und scheint schon bei der Definition der Zielgruppe eklatante Schwächen aufzuweisen.
Bereits im Oktober 2013, als die Ministerpräsidenten der Bundesländer erstmals über den geplanten Jugendkanal von ARD und ZDF abstimmen sollten, hatten diese ihre Zustimmung wegen konzeptioneller und finanzieller Bedenken verweigert. ARD und ZDF sollten nachbessern und taten dies. Doch auch das überarbeitete Konzept soll mangelhaft sein, wie das Nachrichtenportal „Newsroom“, dem das komplette Schriftstück vorliegt, am Mittwoch berichtete.
Bereits bei der Analyse der Zielgruppe würden sich ARD und ZDF demnach schwerwiegende Schnitzer leisten. So würden die Verantwortlichen bei den Rundfunkanstalten von einer weitgehend homogenen Gruppe der 14- bis 29-Jährigen ausgehen. Zwar spreche das Konzept zunächst von „Pluralität“ und „Heterogenität“, ziehe aber daraus letztlich keine Konsequenzen. Thomas Wind, einer der führenden Wissenschaftler in der Zielgruppenforschung, der das Konzept bereits analysiert hat, spricht von einem ernüchternden Ergebnis.
So würden die Macher des Konzeptes unter anderem konstatieren, dass den 14- bis 29-Jährigen die „Suche nach Orientierung und ihrem Platz in der Gesellschaft“ gemeinsam sei. Auch würde die Zielgruppe grob mit dem Etikett „Digital Natives“ beschrieben. Diese Versuche der Charakterisierung bezeichnet Wind jedoch als oberflächlich. Es sei fraglich, ob sich aus dieser Zielgruppendefinition ein tragfähiges Konzept für den Jugendkanal ableiten lasse.
Laut Wind sei eine Differenzierung der Zielgruppe nach all ihren Bedürfnissen und Erwartungen hinsichtlich Medien, Themen, Genres, Formaten, Protagonisten oder Stilistik erforderlich. Erst aufgrund einer solchen Typologie ließen sich relevante Programmideen entwickeln und man laufe weniger Gefahr in gängige Jugend-Klischees abzudriften. Indem „jugendliche Leit-Millieu“ aus dem Blick genommen würden, bestehe die Gefahr, dass man den Fokus zu sehr auf den Mainstream richte, wodurch für den Jugendkanal keine wirklich innovativen und eigenständigen Formate zu erwarten seien.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer wollen am morgigen Donnerstag abschließend über den neuen Jugendkanal von ARD und ZDF entscheiden. Dann wird sich zeigen, ob das Konzept der Rundfunkanstalten von den Politikern als ausreichend erachtet wird. [ps]
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