Zumindest die öffentlich-rechtlichen Sender können sich den baldigen Ausstieg aus der digitalen Standardqualität (SD) vorstellen. Für die Privatsender ist dieser Schritt vorerst nicht denkbar.
Bei der Parallelausstrahlung ihrer Programme in verschiedenen Qualitäten sind die deutschen TV-Sender geübt. Bis spätestens in einem Jahr werden alle analogen Signale in den noch verbliebenen Kabelnetzen abgeschaltet sein. In den Ländern Bayern, Sachsen und Bremen sogar bis Ende 2018, da es hier gesetzliche Vorgaben gibt. Unter dem Motto „Nach dem Switch-Off ist vor dem Switch-Off“, diskutierten deshalb auf der Kölner Fachmesse ANGACOM Plattformbetreiber und Sendeanbieter über die dann kommenden Abschaltszenarien.
Gerhard Mack, Geschäftsführer Commercial Operations bei Vodafone, freute sich „endlich den Analogkram aus dem Netz und mehr Platz für Internet-Bandbreite und Ultra-HD-Inhalte zu haben. Unser Hauptziel ist Qualität zu den Zuschauern zu bringen.“ Für die öffentliche-rechtlichen Sender sei jeder Parallelbetrieb unwirtschaftlich, so Wolfgang Wagner, Direktor Produktion und Technik beim WDR. Sowohl bei Mittelwelle/UKW, UKW/DAB+ als auch Analog-TV/SD und HD. Er sehe deshalb die Forderung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) als berechtig an, dass für die SD-Ausstrahlung ab Mitte/Ende 2020 keine Finanzierung durch Rundfunkgebühren mehr vorgesehen sei. „Bereits heute liegt die HD-Nutzung bei unseren Sendern bei über 70%“, so Wagner. „Wenn man mit einer großen Anstrengung das Thema gemeinsam angeht, wäre der Abschalttermin Mitte 2020 schaffbar.“ Zum Vergleich: Das analoge Sat-Fernsehen wurde im April 2012 abgeschaltet, als die analogen Nutzer auf unter 10% gesunken waren.
Für die Privatsender ist das Thema jedoch nicht so trivial, da sie bekanntlich seit über acht Jahren ihr HD-Signal nur gegen Zuschauerentgelt zur Verfügung stellen und eine SD-Abschaltung massive Reichweitenverluste bedeuten würde. „Wir werden SD dann abschalten, wenn der Markt und die Regulierung es erlaubt“, formulierte es Dr. Michael Müller von ProSiebenSat.1 Media nebulös in der Diskussionsrunde und wollte auch auf Nachfrage von DIGITAL FERNSEHEN keinen ungefähren Zeitraum nennen. Denn Reichweite sei das A und O seines Werbezeitenverkaufs. Reichweite – das würden die bisher lediglich 20% gewonnenen Sat-Haushalte nicht bieten können. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass RTL & Co zur Wahrung ihrer werberelevanten Reichweite auch nach 2025 noch unverschlüsselt senden werden. Ob der Standard des unverschlüsselten Signals dann noch SD (in MPEG 2), vielleicht qHD (in H.264) oder ganz anders heißen wird, wird die Marktentwicklung zeigen.
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