Rupert Murdoch und seine Top-Manager müssen im Parlament öffentlich Rechenschaft über die illegalen Abhörmethoden bei „News of the World“ ablegen. Auf der Website des Murdoch-Blattes „The Sun“ verkündeten Hacker in einer Falschmeldung den Tod des Medienmoguls.
Illegale Abhörpraktiken und Bestechung von Polizisten: Was hat Rupert Murdoch von den Geschehnissen bei seiner inzwischen eingestellten Skandalzeitung „News of the World“ gewusst? Die Frage, die ganz Großbritannien bewegt, soll der 80-Jährige am Dienstagnachmittag (ab 15.30 Uhr, live auf Phoenix) vor einem Parlamentsausschuss öffentlich beantworten. Auch sein Sohn James und seine langjährige Vertraute Rebekah Brooks, müssen aussagen. Die Macht des Ausschusses ist begrenzt. Er kann nur Empfehlungen weitergeben. Eine Aussage unter Eid ist nicht möglich. Beobachter erwarten, dass sich die Vorgeladenen streng an die Vorgaben ihrer Juristen halten werden.
Kurzzeitig wurde die Webseite der britischen Boulevardzeitung „The Sun“ gehackt, Besucher wurden zu einer gefälschten Meldung über einen angeblichen Selbstmord Murdochs weitergeleitet. Laut einem CNN-Bericht bekannte sich die Hackergruppe Lulz Security am Montag via Kurznachrichtendienst Twitter zu dem Angriff. Die Gruppe kündigte weitere Cyberattacken in den kommenden Tagen an. Lulz Security hatte sich bereits auf Webseiten von Unternehmen wie Sony und auch des US-Senats eingehackt.
Unterdessen wächst in der Abhöraffäre der Druck auf Premierminister David Cameron. Inzwischen sieht er sich mit offenen Rücktrittsforderungen konfrontiert. „Wann tut der zwielichtige Dave endlich das, was sich gehört, und tritt zurück?“, sagte der Labour-Parlamentarier Dennis Skinner. Sein Parteifreund Gerald Kaufman fragte: „Sollte der Premierminister nicht seine Position überdenken?“ Oppositionsführer Ed Miliband attestierte Cameron eine „katastrophalen Einschätzungsfehler“, als er den ehemaligen Chefredakteur der Skandalzeitung, Andy Coulson, zu seinem Regierungssprecher machte.
Auch aus seiner eigenen konservativen Partei wurde Kritik an Cameron laut, weil er trotz der Affäre seine geplante Reise nach Südafrika antrat. Der Regierungschef musste den Besuch nun verkürzen und sollte bereits am Dienstagnachmittag nach London zurückkehren. An diesem Mittwoch will er im Parlament sprechen. Die Parlamentsferien wurden eigens um einen Tag hinausgezögert. Am Montag hatte Innenministerin Theresa May für Cameron in die Bresche springen müssen.
Cameron geriet am Dienstag weiter unter Druck, als herauskam, dass die im Abhörskandal vorübergehend festgenommene Murdoch-Managerin Rebekah Brooks als Gast bei seinem 44. Geburtstag im vergangenen Oktober war. Es ist die 27. Begegnung Camerons mit Murdoch-Managern in nur 15 Monaten Amtszeit. Die Geburtstagseinladung war von der Downing Street zunächst verschwiegen worden.
Rebekah Brooks, die am Dienstag ebenfalls vor Parlamentariern aussagen sollte, war von 2000 bis 2003 Chefredakteurin des inzwischen eingestellten Blatts „News of the World“. Dessen Reporter hatten die Telefone von 4000 Prominenten, Verbrechensopfern, Hinterbliebenen und Soldatenwitwen illegal abgehört. Coulson persönlich soll Geldanweisungen abgezeichnet haben, mit denen Polizisten bestochen wurden. Camerons früherer Spin-Doktor war bereits am 8. Juli vorübergehend festgenommen worden – unter anderem wegen Korruptionsverdachts.
Bereits am Montag war Cameron vom zurückgetretenen Scotland-Yard-Chef Paul Stephenson in Bedrängnis gebracht worden. Stephenson hatte seinen Rücktritt damit begründet, dass er den stellvertretenden Chefredakteur der Skandalzeitung „News of the World“, Neil Wallis, als Medienberater eingestellt hat. Cameron hatte mit Andy Coulson sogar dessen Chef als Regierungssprecher eingestellt, obwohl dieser bereits als Chefredakteur wegen der Affäre zurückgetreten war.
Am Montag starb überraschend der Hauptbelastungszeuge gegen Coulson. Der Journalist Sean Hoare wurde tot in seiner Wohnung gefunden. Zeichen für ein Verbrechen gebe es nicht, teilte die Polizei mit. Hoare hatte im vergangenen Jahr in einem Interview der „New York Times“ erklärt, Coulson habe vom Anzapfen der Telefone nicht nur gewusst, sondern ihn persönlich sogar angestiftet, „die schwarzen Künste“ zu nutzen. Der 2005 bei der „News of the World“ gefeuerte Journalist galt als alkoholabhängig. [Michael Donhauser]
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