Die Hörfunkvertreter des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) sehen die Pläne von ProSiebenSat.1 kritisch, regionale TV-Werbung zu schalten. Sie fürchten, dass den Privatradios dadurch Werbeeinahmen wegbrechen. Eine neue Medienordnung soll her.
„Die mit der Digitalisierung einhergehende Konvergenz der Medienangebote führt zu neuen Wettbewerbsverzerrungen im Medienmarkt“, hieß es in einer Mitteilung des VPRT vom Freitag. Davon sei der stark regulierte Rundfunk „in besonderem Maße“ betroffen. Nicht nur der Wettbewerb zwischen Print und Rundfunk und beiden Teilen des dualen Rundfunks verschärfe sich, sondern auch der Wettbewerb zwischen privaten TV- und Hörfunkanbietern, wie die aktuelle Diskussion um dezentrale Werbung nationaler TV-Sender beweise.
Im Verband herrscht aktuell ein Dissenz über den Vorstoß von ProSiebenSat.1, regionale Werbung zu schalten. „Der Fachbereichsvorstand Radio sieht Planungen zur Auseinanderschaltung von TV-Werbung in Kabelnetzen sehr kritisch“, sagte Klaus Schunk, VPRT-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachbereichs Radio. Der Hörfunk sei ein „hoch reguliertes Medium“, welches nach dem jeweiligen Landesrecht „vielfachen Restriktionen“ hinsichtlich der Refinanzierung durch Werbung unterliege, um lokale und regionale Vielfalt zu erhalten.
„Eine Regionalisierung bundesweiter TV‐Werbung ist daher selbstredend der Eingriff in regionale Märkte, der so bis dato vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt wurde“, so Schunk weiter. Die Radioanbieter sehen darin eine „nicht zu unterschätzende Einflussnahme in das Nebeneinander lokaler und regionaler Radiovielfalt in den Bundesländern“.
„Der TV-Vorstand im VPRT hat kein Verständnis für eine Diskussion über ordnungsrechtliche Einschränkungen dezentraler Werbung“, erklärte hingegen Tobias Schmid, Vorsitzender des Fachbereichs TV. Im Hinblick auf Werbemöglichkeiten anderer, vor allem der Onlinemedien, sei die aktuell geführte Diskussion „anachronistisch“. Zudem verwies Schmid auf die ARD, die in ihrem Vorabendprogramm seit Jahren regionale Werbeformen einsetze.
„Den TV- Veranstaltern dürfe nicht der Weg in neue Geschäftsfelder verstellt werden, die auch Kooperationen auf lokalregionaler Ebene ermöglichen können“. Bereits jetzt sei das Fernsehen Hauptleidträger eines Regulierungsgeflechts, „das in keiner Weise mehr der konvergenten Medienrealität Rechnung trägt“, erklärte Schmid. Zusätzliche Regulierungsmaßnahmen oder ein perspektivisches Festhalten an Unterscheidungen nach Mediengattungen seien nicht mehr zeitgemäß.
In der internen Debatte im VPRT fordern beide Seiten jedoch nach einer „zeitgemäßen Medienordnung“, wie VPRT-Präsident Jürgen Doetz erklärte. Die noch aus der analogen Welt stammende Medienordnung sei aktuell „untauglich“ und würde den Bestand der privaten Rundfunkvielfalt im digitalen Wettbewerbsumfeld gefährden, ließ er weiter wissen. Darüber hinaus würde der aktuell zwischen den Vertretern geführte Diskurs „das gemeinsame Dach für den Rundfunk“ stärken
Die ProSiebenSat.1-Tochter Seven One Media hatte im November erstmals mit dembaden-württembergischen Kabelanbieter Kabel BW auf den SendernProSieben, Sat.1 und Kabel Eins regionalisierte Werbespots ausgestrahlt, um die regionale Reichweite zu erhöhen. [rh]
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