VIVA – einst unter dem gefeierten, deutschen Videoclip-König und väterlichem Jugend-Talent-Entdecker Dieter Gorny gestartet, stürzte schon vor gefühlt einem Jahrzehnt in die Bedeutungslosigkeit ab.
Auch wenn Musik-Clips heute auf YouTube geschaut werden, hat Musikfernsehen einen Platz im TV, nicht jedoch mehr beim derzeitigen VIVA-Betreiber Viacom.
Viacom ist ein New Yorker Konzern mit verschiedenen weltweiten Beteiligungen an Kabel- und Satellitenfernsehgesellschaften, Videospieleherstellern sowie Filmproduktion und Verleih wie bei Paramount und Dreamworks. Ursprünglich gegründet von Medienmogul Sumner Redstone, der sich seit Jahren in den Ruhestand verabschiedet und heute immer noch durch die Dachgesellschaft National Amusements der Mehrheitsanteilseigner von Viacom und übrigens auch vom Medienkonzern CBS ist. Vererben wollte Redstone sein Medienimperium nie wirklich, von seinem Sohn hielt er nach dessen anfänglichen Gehversuchen im Konzern gar nichts mehr. Überhaupt hielt Redstone von sich selbst immer viel, von anderen Ideen eher wenig, heißt es.
Mit MTV feierte Redstone, der eigentlich Sumner Murray Rothstein heißt, unbestritten weltweit fulminante Erfolge – letztlich auch in Deutschland. Wettbewerber VIVA, Anfang des Jahrtausends noch MTV-Konkurrent, wurde in den Konzern eingegliedert und das Programm sukzessive von Videoclips auf amerikanische Serien und Zeichentrick umgearbeitet.
Nun wird VIVA weiterhin zeitlich beschnitten. „Zeitpartagiert“ heißt das dann in der Sprache der Programmmacher. VIVA teilt sich die Programmzeit künftig mit Comedy Central, einem Programm amerikanischer Komödien. MTV wird es nur noch in HD geben, was zu erwarten war. Der Kindersender Nickelodeon soll mit amerikanischen Zeichentrickserien wieder rund um die Uhr senden, denn durch den Abbau der Marke VIVA lassen sich die weltweit durchsetzungfähigeren Marken des Viacom-Konzerns nun mal besser pushen.
Nun mag es keinen in Deutschland mehr stören, dass VIVA auf Dauer ganz verschwindet, denn das Programm war ohnehin im letzten Jahrzehnt von amerikanischen B- und C-Inhalten geprägt und nicht mehr von deutschen Talenten. Es zeigt jedoch ein Mal mehr, dass es an diesen deutschen Talentschmieden heute fehlt. Da nützt kein Jugendsender Joiz und auch kein Musikfernsehen von Deluxe Music.
Wir erinnern uns an die entdeckten, seinerzeit noch jungen Talente: Stefan Raab, Palina Rojinski, Niels Bokelberg, Heike Makatsch, Tobi Schlegl, Gülcan Kamps, Christian Ulmen, Charlotte Roche, Mola Adebisi, Minh-Khai Phan-Thi, Markus Kavka, Colien Fernandez, Enie van de Meiklokjes, Niels Ruf, Nova Meierhenrich, Klaas Heufer-Umlauf, Aleksandra Bechtel, Joko Winterscheidt, Sarah Kuttner, Matthias Opdenhövel und viele viele mehr, die heute noch im Fernsehen mehr oder minder aktiv sind – vor und/oder hinter der Kamera.
So ist der Niedergang von VIVA letztlich auch ein Abgesang auf Innovation im deutschen Fernsehen, wenn man so weit gehen will. Zugegeben: Das Ganze ist lange her und heute gibt es viele tolle andere Talente und zum Teil immer noch dieselben in Deutschlands Privatfernsehen. Haben die Privatsender Nachwuchssorgen? Selbst wenn man geteilter Meinung an dieser Stelle sein kann, so bleibt unbestritten, dass bei VIVA die Wiege vieler neuer und frecher Ideen, nicht zuletzt von Stefan Raab, gestanden hat, an denen sich mancher Programmdirektor heute orientieren muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. In Erinnerung also, bevor es ganz verschwindet: VIVA ist tot – es lebe VIVA. [Kommentar von Torsten Herres, Herausgeber]
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