Viva brachte das Lebensgefühl der 90er ins Fernsehen – nun wird der Musiksendernach einem Vierteljahrhundert Sendezeit abgeschaltet. Vorher steht noch das letzte große Fest an.
Kaum ein Sender verkörperte das Lebensgefühl zwischen Backstreet-Boys-Poster, Inlineskates und Tamagotchi so sehr wie der Musikkanal Viva aus Köln, auf dem Stefan Raab Ukulele spielte, Mola Adebisi moderierte und Heike Makatsch zu dem wurde, was später irgendwer „Girlie“ nannte. Viva war bunt, knallig, laut. Eine Emotion weckte Viva nie: Melancholie. Am 1. Dezember 2018 wird sich das ändern.
An diesem 1. Dezember feiert Viva nun seinen 25. Geburtstag – und es ist zugleich der letzte. Der Sender, der am 1. Dezember 1993 seinen Betrieb aufnahm, wird Ende des Jahres eingestellt. Träger Viacom hat das bereits im Sommer angekündigt.
Trotz des Falls in die Bedeutungslosigkeit rumorte es gewaltig in den sozialen Netzen, als das Aus feststand. Tenor: Mit Viva stirbt mehr als ein Sender – es stirbt auch ein Teil der Jugend. „Wir sind mehr als nur ein Fernsehsender, denn wir sind euer Sprachrohr und euer Freund“, hatte Moderatorin Makatsch zum Start 1993 versprochen.
Viva war damals als deutsche Antwort auf die globale Coolness-Marke MTV angetreten und die Betonung lag durchaus auf deutsch. Auf Viva sollte deutsche Musik einen Platz haben, auch zur besseren Vermarktung. MTV sitze „auf einer Insel hinter dem Ärmelkanal“, erklärte Viva-Gründer Dieter Gorny. „Viva sitzt in Köln, mittendrin.“ Als Macher des neuen Senders stieg Gorny zum „Paten der Popmusik“ auf, auch weil er das dazu passende barocke Erscheinungsbild hatte.
Das Geheimnis war allerdings, dass Viva auf andere Art gar nicht deutsch war: Perfektionismus gehörte nicht zu den Sender-Tugenden. Fast betont unprofessionell plapperten die Moderatoren in die Kamera. Damit traf man den Nerv des Publikums, das zu Hause mit Zahnspange herumlümmelte und sich auch alles andere als perfekt fühlte.
Unter anderem mit YouTube fing auch der Niedergang an. Im Internet entstand neue Konkurrenz, Musik wurde anders konsumiert. Auf Viva lief plötzlich sehr viel nervige Klingeltonwerbung – Stichwort „Crazy Frog“. 2004 übernahm der amerikanische Medienriese Viacom, Eigner von MTV, Viva. Aus Konkurrenten wurden nun Schwestern. Eine Vorzeige-Sendung wie „Interaktiv“ wurde gestrichen.
[Jonas-Erik Schmidt, dpa]
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