Verfassungsgericht: Ungarns Mediengesetz verfassungswidrig

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Verfassungswidrig: Das ungarische Verfassungsgericht hat wesentliche Teile des international umstrittenen Mediengesetzes des Landes für unzulässig erklärt. Im Zuge dessen wurden einzelne Passagen außer Kraft gesetzt.

Die Richter beanstandeten am Montag insbesondere Bestimmungen, die der neu geschaffenen Medienbehörde NMHH die Möglichkeit geben, Print- und Internet-Medien inhaltlich zu überwachen und gegebenenfalls zu bestrafen.
 
Das Mediengesetz war im vergangenen Dezember von der Zweidrittelmehrheit der rechts-populistischen Regierungspartei FIDESZ im Parlament gebilligt worden und trat am 1. Januar in Kraft. Insbesondere die Ausdehnung der Kontroll- und Sanktionsbefugnisse der NMHH hatte Proteste im In- und Ausland hervorgerufen. Bereits kurz nach Verabschiedung des Gesetzes hatten drei Parteien Verfassungsklage gegen das Gesetz eingelegt (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete).

Kritiker sahen in den Bestimmungen das Potenzial für eine künftige Zensur. Nach Kritik seitens der EU-Kommission und unter Androhung eines Verfahrens wegen Verletzung des EU-Vertrages wurde das Gesetz nachgebessert. Bei den Änderungen habe es sich um eine Befreiung ausländischer Medienkonzerne von Geldbußen und dem Zwang zur Registrierung gehandelt. Außerdem sollten Pay-TV-Konzerne nicht mehr zur „Ausgewogenheit“ verpflichtet werden.
 
Am Montag stellten die ungarischen Verfassungsrichter klar: die Befugnis der Medienbehörde NMHH, gegen Print-Medien Verfahren wegen Missachtung der Menschenrechte, der menschlichen Würde oder der Privatsphäre einzuleiten, „stellt eine verfassungswidrige Einschränkung der Pressefreiheit dar“. Eine Ahndung dieser Verstöße sei bereits auf dem regulären Rechtsweg möglich.
 
Die entsprechende Passage des Mediengesetzes setzte das Verfassungsgericht mit Wirkung zum 31. März 2012 außer Kraft, um der Regierung Zeit zu geben, die beanstandeten Passagen zu bearbeiten. Zudem setzte es die allen Medien auferlegte Verpflichtung, der NMHH auf Wunsch sämtliche Geschäftsdaten zur Verfügung zu stellen, außer Kraft.
 
Allerdings ist fraglich, ob das Urteil überhaupt Wirkung zeigen wird, da das Parlament bereits eine neue Verfassung beschlossen hat, die 2012 in Kraft treten werde. Die neue Verfassung wird in Teilen die Gewaltenteilung in Ungarn aushebeln. [dpa/js]

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4 Kommentare im Forum
  1. AW: Verfassungsgericht: Ungarns Mediengesetz verfassungswidrig Ungarn ist seit der Übernahme durch die Rechts Mitte Regierung sowiso kein Rechtsstaat europäischer Couleur mehr.
  2. AW: Verfassungsgericht: Ungarns Mediengesetz verfassungswidrig Dann sind wir das auch nicht, schon mal von von der Leyen oder Vorratsdatenspeicherung gehört ?
  3. AW: Verfassungsgericht: Ungarns Mediengesetz verfassungswidrig Ich bin nun wirklich kein CDU-Fan, aber du kannst die Vorratsdatenspeicherung nun wahrlich nicht mit dem neuen ungarischen Mediengesetz vergleichen. Letzteres hatte nur einen Zweck: Die amtierende Regierung im Zuge zukünftiger Wahlen zu stärken und die Opposition zu schwächen, wenn nicht noch schlimmeres (schleichende Etablierung einer Diktatur). Dass zumindest das Verfassungsgericht in Ungarn noch demokratisch ist, ist die beste Nachricht des Monats.
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