Verbraucherschutz Sammelklage gegen Amazon Prime Video – „Versteckte Preiserhöhung“

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Berlin/München – Werbeeinblendungen bei Amazon Prime Video sind nach Auffassung des Verbraucherzentrale Bundesverband rechtswidrig. Amazon bleibt trotz Kritik hart und jubelt seinen Kunden seit heute morgen mit einem Klick eine satte Preiserhöhung von rund 36 Euro im Jahr unter. Der Verbraucherschutz bereitet nun eine Sammelklage gegen Amazon vor, mit der Verbraucher ihr Geld zurückholen könnten.

Seit Montag Morgen (05.02.2024) macht Amazon Nägel mit Köpfen. Trotz Abmahnung durch den Bundesverband Verbraucherzentrale hält der Konzern an seiner umstrittenen Strategie fest, sein Prime Video Angebot künftig mit „einigen wenigen“ Werbeeinblendungen auszuliefern.

Viele Kunden, die die Amazon Mail dazu Anfang Januar einfach weggeklickt haben, werden spätestens heute Abend mit einem Pop-Up Fenster des Konzerns begrüßt, über das man per Klick einfach mal rund 36 Euro mehr pro Jahr loswerden kann.

Bislang gab es Werbung nur bei einigen Inhalten, die Amazon zusätzlich ins „Programm“ nahm und als „Freevee“ kennzeichnete.

Verbraucherschutz: „Versteckte Preiserhöhung“

Verbraucherschützer gehen diese aus deren Sicht „versteckte Preiserhöhung“ vor. Heiko Dünkel, Leiter Team Rechtsdurchsetzung Geschäftsbereich Verbraucherpolitik des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. stellt im Gespräch mit DIGITALFERNSEHEN.de fest: „Eine Ausweitung von Werbeeinblendungen (…) bedeutet nach unserer Meinung eine derartig gravierende Änderung, dass dafür eine Zustimmung der Kunden nötig wäre. Ein weiterer Aspekt ist, dass ein werbefreies Angebot künftig nur mit zusätzlichen Kosten angeboten wird. Darin sehen wir eine versteckte Preiserhöhung.“

Dagegen gingen die Verbraucherschützer zunächst per Abmahnung vor. „In der Antwort auf unsere Abmahnung“ habe, so Dünkel weiter, die Amazon Rechtsabteilung ihr „Vorgehen jedenfalls verteidigt“. Nun müssten „die Gerichte entscheiden“.

Verbraucherschutz Sammelklage gegen Amazon Prime Video

Dabei bereiten die Verbraucherschützer „eine einfache Unterlassungsklage ohne Eilrechtsschutz vor.“, was dazu führt, dass das neue Preismodell nicht so schnell weggeklagt werden würde, da der Vzbv den „langen Weg“ geht und demnach darauf verzichtet, eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

Dennoch – und das ist die gute Nachricht für alle Verbraucher: „Nach einer unsere Rechtsauffassung bestätigenden rechtskräftigen Entscheidung, müsste Amazon den vorherigen Zustand wieder herstellen. Auf der dann rechtswidrigen Praxis basierende unrechtmäßige Einnahmen stehen natürlich auch rückwirkend den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu.“, so Dünkel zu DIGITALFERNSEHEN.de. 

So könnten Verbraucher ihr Geld zurückholen

Damit könnten Verbraucher darauf hoffen, die den Betrag der Preiserhöhung im Falle eines Erfolges der Verbraucherzentrale wieder zurückzuerhalten – wahrscheinlich aber nur, wenn sie sich z.B. einer Verbraucherschutz Sammelklage gegen Amazon Prime Video anschließen.

Dennoch – und auch das gehört zur Wahrheit dazu – ist Amazon Prime Video selbst mit Preiserhöhung ein attraktives Gesamtpaket für den Kunden. Dabei ist der Streaminganbieter preislich noch immer deutlich günstiger als Konkurrent Netflix. Netflix will mittlerweile für seine Inhalte 17,99 Euro von seinen Kunden, wenn diese sie werbefrei auf bis zu vier Geräten ausspielen wollen. Da wäre Amazon mit dem neuen Modell (8,99 Euro plus 2,99 Euro – insgesamt 11,98 Euro monatlich deutlich günstiger, sogar noch einen Euro günstiger als das „Standard-Netflix Abo“ für zwei Geräte, für das der Streamingdienst 12,99 Euro aufruft. Und Amazon verschickt für den Preis von knapp 12 Euro sogar noch den Großteil seiner Pakete „gratis“ an seine Kunden.

Missbraucht Amazon mit Werbe – Preiserhöhung seine Marktmacht?

Insofern sicher für den Kunden noch immer ein guter Deal – doch das Vorgehen des Internetgiganten wirft aber schon Fragen auf und hinterlässt bei vielen – auch treuen Kunden – einen schalen Beigeschmack.

Ob dieser letztlich auch zu einer Kündigung führt, bezweifeln wir – zu „integriert“ ist Amazon bei vielen seiner Kunden im Alltag: Einkauf, Versand, Cloud-Speicher, Musik und TV – alles aus einer Hand. Plus natürlich die Geräte.

Inwieweit bei dieser Tiefe der vertikalen Integration überhaupt eine Preiserhöhung möglich ist, wäre ggf. Gegenstand eines Prüfverfahrens des Bundeskartellamts, meint der Verbraucherschutz gegenüber diesem Newsdienst: „Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wäre ggf. auch kartellrechtswidrig. Die Prüfung, ob das der Fall ist, gehört zum Kompetenzbereich z. B. das Bundeskartellamts.“.

Kartellverfahren nötig?

Eine Anfrage von DIGITALFERNSEHEN.de läuft dazu bereits bei der Bonner Behörde, ebenso haben wir Amazon um eine Stellungnahme gebeten.

Das Medienbudget der Konsumenten wird so in Summe mehr strapaziert, wenn sie sich von Werbung „freikaufen“ wollen. Die nächste „Überraschung“ droht noch in diesem Monat, in dem zum 23. Februar die offizielle Empfehlung der KEF erwartet wird, für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk künftig rund 5 Euro mehr pro Jahr zu halten – eine Preiserhöhung auf rund 19 Euro im Monat.

Die finanzielle Luft für wirklich unabhängige, kleine TV-Anbieter, zu denen bei diesem Kampf der Medien-Giganten selbst auch RTL oder Pro7 und Sat.1 zählen dürften, wird zunehmend dünner, was für die mediale Vielfalt in Deutschland letztlich nichts Gutes bedeutet. Eine gute Alternative zum Streamen per Amazon könnte Magenta TV der Deutschen Telekom sein, die gerade in letzter Zeit mit hochattraktivem Inhalt speziell für den deutschen Markt Kunden lockt.

Vielleicht brauchen wir aber auch mal ein „Sondervermögen Medien“ in diesem Lande, um Meinungsvielfalt und -Freiheit sicherzustellen. Irgendwie ist ja auch das wichtig und eine „Kernkompetenz“ in der Digitalisierung.

4 Kommentare im Forum
  1. Ich muss da nicht klagen.Habe das Abo einfach gekündigt. Die Restbetrag bis Ablauf des Abo Jahres wurde sofort auf mein Konto überwiesen. Also alles in Ordnung.
  2. Keine "Sammelklage", sondern die Amazon Digital Germany soll zivilrechtlich verklagt werden. Werbung bei Prime Video: vzbv wird Klage gegen Amazon einreichen
  3. Wird nur leider nix bringen. Im besten Fall machen Jahresabos einen Schnitt, die noch solide Restlaufzeit haben, danach sind auch sie dran. Monatsabos werden direkt im nächsten Monat angefasst oder von Amazon gekündigt.
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