Die großen Agenturen grübeln und schweigen nach dem EuGH-Urteil zur Sportvermarktung. Der Deutsche Fußball-Bund zeigt sich hingegen unbeeindruckt und will die Rechte am DFB-Pokal wie geplant bald verkaufen. Und auch die Bundesligisten zeigen sich entspannt.
Der Sportrechte-Markt ist aufgeschreckt, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bleibt ruhig. Trotz des spektakulären EuGH-Urteils zur TV-Vermarktung wird der größte deutsche Sportverband die Rechte des DFB-Pokals vorerst nur für den deutschen Markt verkaufen. Es werde keine europaweit geltenden Rechte geben, sagte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. „Wir werden die Rechte zunächst nur national vergeben“, erklärte Niersbach. Der DFB-Pokal ist das erste große Sportrechte-Paket, das nach dem Richterspruch verkauft wird.
Die großen Sportvermarkter sind verunsichert und schweigen ebenso wie die meisten Fernsehsender zum Urteil des höchsten europäischen Gerichts. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte entschieden, dass zum Empfang von Übertragungen im Bezahlfernsehen ausländische Decoderkarten nicht verboten werden dürfen. Laut Gericht sind Exklusivitätsrechte unzulässig, da sie den europäischen Binnenmarkt in nationale Märkte trennen.
Kein Kommentar heißt es beim internationalen Rechte-Vermarkter Sportfive oder bei der Agentur SportA, die für ARD und ZDF einkauft. Der DFB zeigt sich hingegen wenig beeindruckt und hält seinen Zeitplan aufrecht. Die nächsten Präsidiumssitzungen sind wie geplant am 14. Oktober und am 2. Dezember, und «in einer der beiden werden wir das absegnen“, erklärte Niersbach. Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger sieht die Entwicklung gelassen: „Das ist erst mal eine Sache der DFL. Wir wussten alle, dass die Entscheidung kommt. Deshalb ist es keine Überraschung. Die Auswirkungen sind nicht abzuschätzen, aber sicher lösbar. Das Urteil muss genau geprüft werden.“Hannover-96-Sportdirektor: „Nicht in Panik verfallen“
Der DFB hat die Pokal-Rechte für den Zeitraum von 2012 bis 2016 ausgeschrieben. Bislang übertragen ARD, ZDF und der Bezahlsender Sky den DFB-Pokal. Rund 50 Millionen beträgt der TV-Anteil an den Pokal-Einnahmen, weitere zehn Millionen kassiert der DFB durch Werbung. Weniger wird es wohl nicht werden. Für die Rechte im frei empfangbaren Fernsehen gilt die ARD als großer Favorit. Das ZDF hat sich nach dem Kauf der Champions League Zurückhaltung auferlegt, während Sat.1 mitgeboten hat.
Die Auslands-Rechte spielen bei der Pokal-Vermarktung für den DFB zunächst eine untergeordnete Rolle. „International sollen unsere Länderspiele und DFB-Pokal zusammen vergeben werden“, sagte Niersbach. Wie das geschehe, sei „noch offen und zwar unabhängig von dem Urteil“.
Für den deutschen Markt hat der DFB die Länderspiele im Mai für weitere vier Jahre bis 2016 an ARD und ZDF vergeben. Geschätzte 175 Millionen Euro bringt dem Verband das Rechte-Paket, zu dem auch die Begegnungen der Frauen-Nationalmannschaft, der Frauen-Bundesliga sowie der 3. Liga gehören. Probleme oder Einbußen bei der Auslandsvermarktung könnten angesichts dieser gewaltigen Einnahme verkraftet werden.
Wie der DFB demonstrieren auch die meisten Proficlubs Gelassenheit und sehen sich durch die Umwälzungen kaum betroffen. „Die Bundesliga ist von diesem Urteil kaum betroffen, sondern in erster Linie die Premier League“, sagte Hans-Joachim Watzke, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Beim FC Bayern München, dessen Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Vorfeld von „gefährlichen Zeiten“ gesprochen hatte, mochte das Urteil niemand kommentieren.
„Wenn überhaupt, dann geht es um die Auslandsvermarktung, da nimmt die Bundesliga aber ohnehin nicht viel ein“, sagte Watzke. Derzeit sind das rund 50 Millionen pro Saison, davon die Hälfte in Europa, während die Liga im Inland etwa 420 Millionen kassiert. „Wir werden sehen, dass in zwei, drei Jahren kein Verein aus der Bundesliga weniger Geld haben wird“, prognostizierte der BVB-Geschäftsführer.
Hannovers-Sportdirektor Jörg Schmadtke erklärte: „Grundsätzlich ist es ratsam, nicht in Panik zu verfallen und das Urteil mit der entsprechenden Begründung sehr genau zu lesen.“ Der 96-Geschäftsführer erklärte: „Ich bin sicher, dass die DFL auch in diesem Fall die Interessen der Clubs mit großer Sorgfalt wahrnehmen wird.“ Die DFL will die Bundesligarechte Ende des Jahres ausschreiben und hat daher genügend Zeit, das EuGH-Urteil zu berücksichtigen.Auch UEFA-Generalsekretär kritisiert EuGH-Urteil
Auch die Europäische Fußball-Union (UEFA) will den Verkauf ihrer Medien-Rechte nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Sport-Vermarktung nicht ändern. „Wir glauben nicht, dass die Rechtsprechung große Auswirkungen auf die Art hat, wie wir unsere Rechte verkaufen“, sagte UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino am Mittwoch in London. „Wir werden weiterhin unsere Rechte auf einer Land-für-Land-Basis anbieten, weil es das ist, was die Menschen wollen“.
Der UEFA-Funktionär kritisierte zudem das höchste europäische Gericht. „Ich glaube nicht, dass das Urteil ein großes Problem für uns ist, aber natürlich sind wir darüber nicht glücklich. Da gibt es fundamentale Fehler“, klagte er. „Wie kann man sagen, dass der Wert des englischen Fußballs in England der gleiche ist wie in Griechenland? Offensichtlich ist das nicht das Gleiche“.
Die UEFA hält mit der Champions – und der Europa League, der Europameisterschaft und der künftig zentral vermarkteten EM-Qualifikation wichtige und hochwertige TV-Rechte. Vor allem bei den Clubwettbewerben spielt der Verkauf an Pay-TV-Anbieter eine wichtige Rolle. [Michael Rossmann/mho]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com