Die ungarische Medienbehörde NMHH scheint nicht lange zu fackeln. Nachdem sie sich einen privaten Radiosender in Budapest vorknöpfte, widmet sie sich nun dem Geschehen bei der ungarischen Tochter von RTL.
Wie ungarische Medien am Dienstag berichteten, beanstandet die Behörde, dass RTL Klub im Oktober 2010 „reißerisch“ und auf „für jugendliche Zuschauer schockierende“ Weise über einen brutalen Brudermord in einem südungarischen Dorf berichtet hätte. Eine blutbefleckte Matratze in dem Beitrag wäre selbst erwachsenen Zuschauern nicht zuzumuten gewesen. RTL Klub wies die Anschuldigungen zurück. Man habe ausgewogen über den Fall berichtet, wie auch andere ungarische Medien. Bei dem Bericht habe man sich auf die Informationen eines Polizeisprechers gestützt, teilte der Sender mit. Der Täter hatte seinen Bruder im Dorf Nagymanyok im Streit mit der Axt erschlagen und anschließend zerstückelt.
In der Begründung für die Einleitung eines Verfahrens gegen den Sender argumentierte die sogenannte Hauptabteilung für Inhalte-Überwachung: „Das (beanstandete) Programmstück repräsentiert auf treffliche Weise die Boulevardisierung der Nachrichtensendungen, jenen Prozess der letzten Jahre, in dessen Gefolge sich die privaten und öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen von der Dokumentierung der Geschehnisse des politischen Lebens und von der Erörterung der die Gesellschaft betreffenden Fragen und Probleme bewusst entfernt haben.“
Die ungarische Medienkontrollbehörde NMHH verfügt seit Jahresbeginn über umfassende Kontroll- und Strafmöglichkeiten gegen alle Medien, die ihrer Ansicht nach gegen das heftig umstrittene neue Mediengesetz verstoßen. Fernsehsender können danach mit Geldstrafen von umgerechnet bis zu 900 000 Euro belegt werden.
Die EU-Kommission hat eine Prüfung des Gesetzes angekündigt. Nach Ansicht von Kritikern führt das neue Mediengesetz wegen dehnbarer Vorgaben zu einer Einschränkung der Pressefreiheit in Ungarn. Schon am Samstag war die NMHH gegen einen kleinen privaten Radio-Sender eingeleitet. „Tilos Radio“ (Verbotenes Radio) wurde vorgeworfen, einen obszönen und gewaltverherrlichenden Titel von Gangster-Rapper Ice-T gespielt zu haben (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). [mw]
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