2012 wagte such Turner Broadcasting mit „Add a Friend“ an die erste fiktionale Eigenproduktion im deutschen Pay-TV. Zwei Jahre später ist Senior Executive Producer Anke Greifeneder von dem damals eingeschlagenen Weg absolut überzeugt. Mit DIGITAL FERNSEHEN sprach sie über die Pionierrolle der Serie und auch über das neue Projekt „Weinberg“, das nun noch einen Schritt weiter gehen soll.
Frau Greifeneder, aufwändig produzierte TV-Serien, so scheint es, haben derzeit Hochkonjunktur. Woran liegt das Ihrer Meinung nach und warum schaffen es Serien mehr und mehr, Hollywood-Blockbustern den Rang abzulaufen?
Anke Greifender: Serien bieten die Möglichkeit spannende Geschichten detailliert zu erzählen und Charaktere über einen längeren Zeitraum in einer Tiefe zu entwickeln, wie es im Film nicht möglich ist. Das reizt denke ich auch immer mehr Schauspieler, Regisseure und Produzenten, die vor ein paar Jahren beinahe ausschließlich Hollywoodblockbuster gedreht haben. Hinzu kommt, dass Sender wie HBO viel Geld in die Hand nehmen, um Serien auf hohem Niveau zu produzieren, den Serienschaffenden aber dennoch die künstlerische Freiheit geben, die sie brauchen, um außergewöhnliche Inhalte zu entwickeln und umzusetzen. Man muss aber auch sehen, dass viele der Serien, die wir hierzulande zu Recht als Hochkaräter ansehen, wie etwa „Breaking Bad“, „Girls“, „Game of Thrones“ oder „House of Cards“ auch in den USA noch nicht die ganz breite Masse ansprechen, sondern einen begrenzteren Kreis an Serienfans.
Ihr Sender TNT Serie nimmt in Deutschland seit einigen Jahren eine Vorreiterrolle unter den deutschen Pay-TV-Kanälen bei der Produktion von fiktionalen Eigenproduktionen im Serienformat ein. War es 2012 ein Risiko mit „Add a Friend“ zum Pionier in diesem Metier zu werden?
Greifender: Bevor wir 2012 unsere erste fiktionale Serie produziert haben, waren wir ja schon einige Jahre als Produzenten verschiedener nicht fiktionaler Formate wie „Die Pfotenbande“ mit Emma, Lilli und Luna Schweiger für unseren Kinder- und Familiensender Boomerang oder „Cartoon Network Checker – Jimi und Mitja probieren’s aus“ mit Jimi Blue Ochsenknecht und Mitja Lafere für unseren Kindersender Cartoon Network aktiv. Wir wussten also, was es bedeutet, eigene Inhalte zu kreieren. Die Produktion einer fiktionalen Serie war dennoch eine ganz neue Erfahrung und sicher auch nicht ohne Risiko, da eine Serie, zumal mit einem gewissen Niveau, was Produktion, Cast und Geschichte betrifft, natürlich deutlich kostenintensiver ist.
Dennoch waren wir damals wie heute überzeugt, dass exklusive, hochwertige Eigenproduktionen ein wichtiger Bestandteil unseres Programmportfolios sein müssen. Dass „Add a Friend“ so begeistert aufgenommen und mit dem Grimme-Preis, dem Bayerischen Fernsehpreis und dem Mira Award ausgezeichnet wurde, war eine großartige Bestätigung.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Zuspruch, sowohl von den Zuschauern als auch aus der Branche, den „Add a Friend“ erhalten hat?
Greifender: Wir sind sehr zufrieden mit dem Zuspruch, den wir von unseren Zuschauern, aus der Branche, aber auch von Seiten der Presse erfahren haben. Bereits bei Ankündigung der Serie haben wir schnell gemerkt, dass es großes Interesse und eine große Erwartungshaltung an die Serie gab. Das mag auch daran gelegen haben, dass es in den USA in erster Linie die Pay-TV-Sender, allen voran HBO, waren, die mit ihren Produktionen den Serienboom ausgelöst haben. Dass wir mit deren Budget nicht unbedingt mithalten können, ist denke ich nachvollziehbar, aber ich glaube, wir haben das Beste aus unseren Möglichkeiten gemacht.
Bei den Mira-Award in diesem Jahr wurde TNT Serie in diesem Jahr von den Zuschauern zum beliebtesten Pay-TV-Sender in Deutschland gewählt. Wie groß schätzen Sie den Anteil von „Add a Friend“ an der Reputation, die der Kanal mittlerweile offensichtlich genießt?
Greifender: TNT Serie ist mehr als nur „Add a Friend“, mit Serien wie „Falling Skies“, „Game of Thrones“ oder „Hell on Wheels“ aber auch unseren Comedy-Formaten zeigen wir einen Programmmix, der von unseren Zuschauern sehr geschätzt wird. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass wir TNT Serie mit „Add a Friend“ ein ganz eigenes Profil gegeben haben, das von den Zuschauern offenbar sehr gut angenommen wird und sicher auch zur guten Reputation von TNT Serie beiträgt.
Mit „Weinberg“ wagt sich TNT Serie im kommenden Jahr an eine weitere serielle Eigenproduktion. Es scheint, als hätten Sie die Erfahrungen aus dem ersten Versuch keineswegs abgeschreckt.
Greifender: Ganz im Gegenteil: Die Erfahrungen mit „Add a Friend“ haben uns bestärkt, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen und jetzt noch einen drauf zu setzen. Während „Add a Friend“ noch eine reine Studioproduktion war, wagen wir uns mit „Weinberg“ nach draußen – es wird zahlreiche Außendrehs und wechselnde Drehorte geben. Auch das Genre, in dem wir uns bewegen, ist durchaus eine Herausforderung: In „Add a Friend“ hatten wir auch Drama- und Mystery-Elemente, aber ein starker Fokus lag doch auf dem Komödiantischen. In „Weinberg“ bewegen wir uns im Genre des Psycho-Thrillers – wobei wir auch hier andere Genres mit einfließen lassen möchten – und das ist durchaus eine neue Herausforderung an die Entwicklung der Story, an die Dialoge und an die Stimmung in der Serie.
In den USA haben Pay-TV-Netzwerke eine klare Vorreiterrolle bei der Produktion aufwändiger Serienstoffe. Warum, glauben Sie, tun sich deutsche Bezahlsender abseits von TNT Serie nach wie vor schwer, eigene Produktionen im fiktionalen Bereich an den Start zu bringen?
Greifender: In der Zwischenzeit haben ja auch andere Sender angekündigt, eigene Serien zu produzieren. Wir begrüßen das, da der Pay-TV-Markt als Ganzes von einer Vielzahl selbst produzierter hochwertiger Inhalte nur profitieren kann. Warum von anderen Pay-TV-Sendern bisher noch keine eigenen Serien produziert wurden, kann ich Ihnen nicht beantworten, aber ich denke, dass sich in naher Zukunft etwas in dieser Richtung tun wird. Mit „Add a Friend“ haben wir Pionierarbeit geleistet und gezeigt, dass es möglich und rentabel ist, eigene Serien zu entwickeln und auszustrahlen. Ich denke, dass das alle bestärkt hat, die vielleicht zuvor auch schon über eine fiktionale Eigenproduktion nachgedacht haben.
Vielen Dank für das Gespräch.[ps]
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