Der Blick auf einige der größten Printmedien Deutschlands offenbart, dass zwar von den meisten Seiten Kritik an der bevorstehenden Umstellung auf eine Haushaltspauschale geübt wird, eine absolute Ablehnung der neuen Gebührenerhebung für den TV-Empfang aber eher die Ausnahme bleibt.
„Spiegel“: Datenschutz bleibt auf der Strecke
Der „Spiegel“ kritisiert im Artikel „Schnüffeln bleibt ihr Auftrag“ vom 18. August 2011 vor allem den Datenhunger der Behörde, welche Vermieter dazu auffordert, über ihre Mieter Auskunft zu geben. Im Klartext heißt das: Wer umzieht, muss diesen Schritt begründen und damit einen Teil seines Privatlebens preisgeben. Denn Personen, die beispielsweise ihren Single-Haushalt für einen Partnerhaushalt aufgeben, werden dazu aufgefordert zu erklären, warum sie sich abmelden und wie sich ihre neue Lebenssituation gestaltet.
Nach Meinung des im Hamburger Spiegel-Verlag erscheinenden Wochenmagazins klingt das nach „Kontrollwahn“ und nach „riesigem Datenspeicher und Zentralregister“. Nach Meinung von Hermann Eicher, Justiziar des Südwestrundfunks (SWR) gebe es aber keinen Grund zur Aufregung: „Die Rechtsprechung erkennt seit langem an, dass nur die Darlegung eines individuellen Lebenssachverhalts einen Abmeldegrund erfüllt“, wird er in dem Beitrag zitiert.
Dieser Aussage stellt das Magazin allerdings die Bedenken von Datenschützern entgegen. „Die haben eigentlich nur ein Recht zu wissen, wenn nicht ich, wer dann“. Es müsse der Behörde also gleich sein, wer warum wohin zieht, es müsse lediglich klar sein, wer als Nachmieter der verlassenen Wohnung für die Überweisung der Rundfunkabage zuständig sein wird. Dass die Auskunftspflicht derzeit noch nicht transparent genug gestaltet ist, zeige sich aber laut „Spiegel“ daran, dass noch unklar sei, was die Begründung des Lebenssachverhaltes im Falle einer Abmeldung denn nun konkret bedeute.
Das erklärte Ziel der Politik, mit der neuen Gebühr den bürokratischen Aufwand zu verringern und weniger Kontrolle auf die Bürger auszuüben, da nun nicht mehr pro erklärtem Rundfunkgerät bezahlt wird, hält das Blatt für fadenscheinig. Die Reform bedeute nichts anderes, als das „die GEZ jedem in die Tasche [greife], auch wenn er gar kein Empfangsgerät besitzt“.
Des Weiteren wäre es ein Irrtum zu glauben, dass mit dem Wegfall der GEZ-Fahnder, die unvermittelt an der Haustür läuten, die „Schnüffelei“ ein Ende habe. Schließlich werde die Behörde auch weiterhin nachforschen und unter Umständen Vermieterbefragungen durchführen. Für den „Spiegel“ ist die Reform daher vor allem unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten kritik- und verbesserungswürdig, genauso, wie die fehlende Transparenz.„SZ“: Personalaustockung sendet „fatales Signal“
Die „Süddeutsche Zeitung“ setzt in einem Artikel vom 6. Oktober 2011 die Reform des Gebührenmodells in Bezug zu der Entscheidung der KEF, die Abgabe vorerst nicht zu erhöhen. Klar sei, dass die Sender in Zukunft auf eine „kräftige Etatsteigerung“ hoffen. Wohl auch deshalb, weil die für die Festlegung der Gebühren zuständige KEF sich in eine abwartende Position begeben hat. Schließlich wissen weder Sender noch KEF, wie sich die Änderungen bei der Rundfunkabgabe finanziell auswirken. Letztlich gibt es der KEF aber auch die Möglichkeit, die Gebühr vorzeitig zu erhöhen – oder zu senken.
Für ARD, ZDF und Deutschlandradio bedeute die KEF-Entscheidung, dass sie „in den kommenden vier Jahren mit einem Haushalt arbeiten, der auf Kante genäht ist“, so die „Süddeutsche“, welche im eigenen Verlag mit Sitz in München erscheint. Es reiche nicht, lediglich die Gebührenstruktur zu verändern. Zusätzlich seien „vor allem bei der ARD“ Reformen nötig. Es gehe um Richtungsentscheidungen und Programmqualität. „Daran, woran die Sender sparen, wird man sie erkennen“, urteilt das Blatt.
In der im Zuge der Reform erfolgenden Personalaufstockung bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) sieht das Blatt in einem weiteren Beitrag ein „fatales Signal“, immerhin sei die Reform auch eine „Image-Offensive“. Doch statt den „Bürokratie-Koloss“ personell zu verkleinern, vermittele sie mit dem verkündeten Mehrbedarf an Angestellten ein gegenteiliges Bild von dem, was sie will – die Akzeptanz der Behörde zu steigern.
Die zusätzlichen Mitarbeiter sollen vor allem für die Informationsbeschaffung über gewerbliche Nutzer eingesetzt werden, die bisher häufig durchs Raster gefallen sind. Ab 2013 werden auch Unternehmen, die bisher nicht angemeldet sind, zur Kasse gebeten. Da diese einen nicht geringen Teil der neuen Gebühreneinnahmen darstellen werden, ist die Reform mit der Erhebung von zahlreichen Daten verbunden, um den neuen Gesetzestext auch anwenden zu können. In den Worten der „Süddeutschen“ bedeutet das: „Einfach geht anders“.
Dass die „kolossale Kölner Behörde“ nach der Umstellungszeit ihre Mitarbeiterzahl auf rund 1000 feste Angestellte reduzieren und ab 2015 mit einem um etwa 20 Prozent verringertem Budget auskommen will, werde der Abgabestelle möglicherweise für einen Imagewandel nicht reichen. Aber immerhin hätte sie noch die Möglichkeit, sich einen „schönen Namen“ zu suchen, so dass Blatt.„Focus“: Rundfunkbeitrag ist „verfassungswidrig“
Alles andere als begeistert von der neuen Abgabe ist der „Focus“, welcher wöchentlich bei Hubert Burda Media erscheint und sich als Alternative zum „Spiegel“ definiert. Vor der Festlegung der Reform forderte das Magazin in seiner 49. Ausgabe 2011 „Verhindert diese TV-Gebühr!“ und lieferte Lesern vermeintliche Argumente, „warum das besser wäre“. Als alleinigen Gewinner der Reform sieht das Magazin in dem Beitrag den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Verlierer seien die Landesparlamente, die Rundfunkteilnehmer und die Printmedien.
Als „unverständlichen Eingriff in die Freiheitssphäre“ bezeichnet das Blatt den Umstand, dass mit der neuen Haushaltspauschale auch diejenigen zahlen müssen, die entweder nur ein Radio oder nur einen Fernseher oder überhaupt kein Rundfunkgerät besitzen. Darüber hinaus sei die Tatsache, dass Mieter, die beispielsweise lediglich Radio hören, Fernsehen aber ablehnen, mit der neuen Abgabe beides mitfinanzieren müssen. „Hierin liegt ein verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff in das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), das vom Bundesverfassungsgericht als allgemeine Handlungsfreiheit verstanden wird“, kritisiert das Magazin scharf.
Den Landesparlamenten wirft der „Focus“ vor, sich während der Festschreibung des neuen Rundfunkänderungsstaatsvertags nicht „kraftvoll und selbstbewusst genug“ zu Wort gemeldet zu haben. Denn selbst wenn es sich nur um einen Entwurf handele sei es im Nachhinein schwierig, einmal festgeschriebene und mit einer Unterschrift beglaubigte Normen zu ändern. Außerdem finanziere der „Rundfunkzwangsbeitrag“ auch politische Sendungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, was für das Blatt eine Verletzung der sogenannten negativen Meinungs- und Informationsfreiheit darstellt, also das Recht verletze, keine Meinung zu äußern. Der Rundfunkbeitrag sei damit verfassungswidrig.
Die im Wettbewerb mit den Öffentlich-Rechtlichen stehenden privaten Sender sieht der „Focus“ in einer benachteiligten Position. Die Argumentation, Mieter müssten eine Gebühr zahlen, da ihnen eine allgemeine Informationsquelle erschlossen wurde, sei im Hinblick auf die Privaten sowie auf Printmedien nicht konsequent. Diese hätten nach diesen Überlegungen ebenfalls einen Rechtsanspruch auf eine Beitragsfinanzierung.
Letztlich diene der Behörde nach Meinung des Magazins der neue Rundfunkbeitrag nur dazu, die Gebühren leichter einziehen zu können und damit aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu verschwinden. „FAZ“ hoffte auf ein Wunder und vernünftige Politiker
Ähnlich dem „Focus“ positionierte sich im Vorfeld auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)“ und hoffte vor Unterzeichnung des 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge auf ein „Wunder“ und darauf, dass die Ministerpräsidenten der Länder „noch Vernunft annehmen“. Auch die im eigenen Verlag erscheinende Tageszeitung sieht die Privaten benachteiligt, schließlich gehen die Rundfunkgebühren nur an die Öffentlich-Rechtlichen, egal, ob der Zuschauer lediglich Privatfernsehen sieht. Zudem zieht der Autor ebenfalls Vergleiche zu Printmedien, die „glücklicherweise“ noch nicht durch Zwangsabgaben unterhalten würden, und zur Finanzierung politischer Meinungen, welche der Zuschauer nicht zwangsläufig teilen müsse.
Neben den Schwarzsehern wäre es für die öffentlich-rechtlichen Anstalten auch „ärgerlich“, dass Zuschauer zum Empfang von Radio- oder TV-Programmen nicht mehr nur auf klassische Wege setzen, sondern verstärkt mobile Endgeräte nutzen.
Besonders beklagenswert an der Gebührenreform sei der „Verlust von Freiheit“, der mit der Zahlungsverpflichtung pro Haushalt und Betrieb einhergehe. Eine ausreichende Begründung gebe es dafür nicht, lediglich die Aussage, dass die Gebühr „der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ diene, kritisiert das Blatt.
Als heikel empfindet die „FAZ“ in dem Artikel die Position von Paul Kirchhof, der für die Öffentlich-Rechtlichen Veranstalter und die Ministerpräsidenten ein Gutachten zum neuen Gebührensystem erstellte. Die Wahl Kirchhofs sei ein „geschickter Schachzug“ gewesen, denn der Verfassungs- und Finanzrechtler war früher Richter des Bundesverfassungsgerichtes. Gerade Letzteres würde in der Ausgestaltung des Rundfunkrechtes eine besondere Rolle spielen. Es sei daher von vornherein unwahrscheinlich gewesen, dass Kirchhof in seiner Begutachtung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein ehemaliges Gericht kritisiert. Im Gegenteil, der Gutachter hätte sich in fast allen Belangen auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes gestützt.
Zudem sei es zwar nicht illegal aber „stillos“ gewesen, dass der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, nur kurze Zeit nach seinem Amtsaustritt einen Gutachtenauftrag der Konferenz der Gremienvorsitzenden der ARD angenommen hat.„WAZ“: „Wut der Unternehmen ist groß“
Die „Westdeutsche Zeitung“ schlägt sich in einem Artikel vom 1. Dezember 2011 auf die Seite der Unternehmen, die künftig gestaffelt nach Beschäftigten zahlen müssen. Besonders hart treffe es die Gebäudereiniger, die künftig für ihre Autos Rundfunkgebühren leisten sollen, da diese gewerblich eingesetzt werden. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Radios vorher entfernt wurden, um Geld zu sparen. Laut Gesetzestext sei ein Auto eine „Raumeinheit, in der üblicherweise eine Rundfunknutzung stattfindet“. Die tatsächliche Nutzungsdauer hätte dabei keine Bedeutung. „Die Wut der Unternehmer ist sehr groß“, wird der Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks NRW dazu zitiert. Diese müssten nun für eine Leistung zahlen, „von der die Betriebe nichts haben“.
Einen Vorteil sieht die im Zeitungsverlag Ruhrgebiet in Essen erscheinende Tageszeitung darin, dass Schwarzseher nun mitbezahlen müssten. „Wo mehr Leute etwas in einen Topf werfen, wird es zumindest theoretisch für alle günstiger“, heißt es in dem Artikel. Des Weiteren hätten Zahler, darunter auch Unternehmen, etwas davon, wenn „der Rundfunk politische Willensbildung möglich macht und Staat sowie Wirtschaft auf die Finger schaut“. Rätselhaft bleibe es aber, wie die neue Gebühr nicht zu Mehreinnahmen führen könne, wenn doch die bisherigen Schwarzseher sowie Unternehmen und Autos ohne Radios in die Statistik mit einbezogen werden.
Beim Blick auf die Meinungen in den Printmedien fallen vor allem fünf Gesichtspunkte auf. Zum einen wird der Eingriff in die Privatsphäre kritisiert, denn aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfe es die Behörde nichts angehen, wer aus welchen Gründen wohin zieht. Schließlich bezieht das Gremium bereits genug Daten von den Meldeämtern. Zum anderen, und das geht mit der Kritik am mangelnden Datenschutz Hand in Hand, sei das Prinzip „jeder zahlt“ ebenfalls nicht hinnehmbar. Auch hier wäre es ein Eingriff in die Privatsphäre und die Freiheit jedes Mieters, den vollen Beitrag zahlen zu müssen, unabhängig davon, ob er lediglich ein Radio zu Hause stehen hat oder gar kein Rundfunkgerät besitzt. Wobei Letzteres wohl in den seltensten Fällen zutreffen dürfte.
Darüber hinaus führe der bislang zum Teil schwammige Gesetzestext zu einem deutlichen Mehraufwand – vor allem an Personal. Es ist schwer vermittelbar, dass eine Behörde, die sich ebenfalls durch einen Anteil an den Gebühren finanziert, nun deutlich mehr Personal einsetze, wo doch das ausgegebene Signal eine Verschlankung der komplexen Institution war. Inwieweit das Personalniveau nach der Übergangsphase tatsächlich wieder verringert wird, bleibt ohnehin fraglich, genauso, wie die gewünschte Image-Verbesserung der Behörde. Grund zur Diskussion liefere zudem die nicht transparent genug gestaltete Informationspolitik der Behörde.
Die Gebührenreform ist beschlossene Sache. Nun ist es an der Behörde, den Sendeanstalten und der Politik, die genannten Kritikpunkte anzugehen und nachzubessern. Vielleicht ist dann auch eine positivere Berichterstattung möglich.Thema des Monats: GEZ
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[rh]
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