Zahnloser Tiger und effektive Medienaufsicht? Die Frage stelle ich mir immer wieder, wenn die ZAK ein Programm beanstandet. Ist es wirklich effektiv, Fehlverhalten „nur“ zu beanstanden und keine weiteren Konsequenzen folgen zu lassen?
Politik und ZAK sind sich einig: Die Maßnahmen des Gremiums reichen aus. Auch eine Beanstandung sei wirksam. Schärfere Sanktionen sind mit der Medienfreiheit nicht zu vereinbaren und auch gar nicht nötig, heißt es.
Dennoch stößt es unangenehm auf, wenn Sender mit verschiedenen Formaten immer wieder für Schlagzeilen sorgt und damit nicht nur das Fernsehen, sondern auch den Journalismus in Frage stellt. Darf ein Journalist oder Moderator mit allen Mitteln Menschen vor die Kamera bringen? Darf ein Kamerateam weiter filmen, wenn Menschen im Allgemeinen und Kinder im Speziellen geschlagen werden? Wo liegen die Grenzen? Und wann müssen die Medienhüter eingreifen?
Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn sobald eine Verschärfung der Medienaufsicht gefordert wird, ist man von der Zensur nicht weit entfernt. Andererseits scheinen die Maßnahmen der ZAK teilweise nicht zu fruchten – wie im Fall vom Spartenkanal Sport 1, der aufgrund eines EuGH-Urteils die Untersagung des Gremiums „ignoriert“ – oder es reicht aus, wenn der Sender sein Fehlverhalten eingesteht. Schützt das vor Wiederholung? Und ist der Schaden nicht eigentlich nach der Ausstrahlung schon angerichtet?
Journalisten – auch die, die fürs Fernsehen arbeiten – sollten stattdessen dazu angehalten werden, schon im Vorfeld ihre berufsethischen Standards einzuhalten. Das geht nur, wenn sie auch Strafen erhalten, die sie empfindlich berühren – und nicht nur dem Sender eine Beanstandung einbringen. Programmdirektoren und -beauftragte sollten schon im Vorfeld darauf achten, dass die Sendungen den Ansprüchen der Mediengesetze entsprechen. Auch hier helfen nur Strafen, die wehtun.
In dem Zusammenhang sollte über die persönliche Haftung der Moderatoren, Redakteure und Journalisten nachgedacht werden. Einem Print- oder Radiojournalisten kann berufsethisches Fehlverhalten den Job kosten, wie zuletzt Ken Jebsen vom Fritz, der offiziell wegen „Nichteinhaltung journalistischer Standards“ den Hut nehmen musste. Doch wann musste ein TV-Journalist den Hut nehmen, wenn er sich nicht an die Berufsethik gehalten hat? Natürlich hängt diese Entscheidung vom Arbeitgeber ab und diese sollten dazu angehalten werden, darauf zu achten, das ihre Journalisten moralisch und ethisch korrekt handeln und ihrerseits kein solches Verhalten abverlangen.
Wie sieht es mit den Rundfunkveranstaltern aus? Tut ihnen eine Beanstandung weh? In den Augen vom FDP-Medienpolitiker Burkhardt Müller-Sönksen ja, denn „gerade die werbefinanzierten Privaten haben kein Interesse an gesellschaftlicher Ächtung“.
Doch eine Ächtung kann nur dann effektiv sein, wenn in der Öffentlichkeit darüber diskutiert wird. Debattiert werden die Verfehlungen – gerade, diejenigen, in denen „journalistische Standards“ missachtet werden – jedoch häufig kurz, nachdem sie an die Öffentlichkeit kommen. Die Beanstandung wird aber meist erst mehrere Wochen, teilweise sogar Monate, später ausgesprochen, wenn das Thema bereits wieder aus der öffentlichen Diskussion verschwunden ist. Ob diese Maßnahme dann noch die Effektivität hat, die sie haben sollte, ist fraglich.
Auch das Standardvorgehen der ZAK wirft einige Fragen auf. So arbeitet die Kommission nach einem Stufenprinzip. Erst wenn ein Sender wiederholt mit der selben Verfehlung gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt, können härtere Maßnahmen eingesetzt werden. Dies mag in den meisten Fällen ein durchaus legitimes Vorgehen sein, doch sollte es nicht einen Spielraum für Einzelfälle geben? Sollten nicht auch „Ersttäter“ in bestimmten Fällen sofort die härtere Strafe verordnet bekommen? SPD-Medienpolitikerin Daniela Behrens bringt es auf den Punkt: „Die Landesmedienanstalten sind nicht machtlos, aber sie müssen ihre Macht auch ausüben“.
Natürlich kann einem Sender nicht einfach die Lizenz entzogen werden, aber wäre innerhalb des Maßnahmenkatalogs die Erteilung eines Sendungsverbots nicht denkbar? Möglich wäre auch ein Pedant zum „Gegendarstellungsrecht“, das im Nachrichtenbereich bereits gängig ist. So könnten TV-Sender dazu verpflichtet werden, ihr Fehlverhalten öffentlich, in dem abgemahnten Format, einzugestehen und gegebenenfalls eine Richtigstellung zu senden. Das würde immerhin die öffentliche Diskussion wieder anheizen und hätte sogar die abschreckende Wirkung, welche die Maßnahmen haben sollten.
Es ist ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren, das die Medienaufsicht in Deutschland effektiver gestalten könnte. Es müssen nicht härter Gesetze sein, die möglicherweise den Weg zur (Vor)Zensur bereiten. Es reicht eine breitgefächerte Palette von Maßnahmen, die den betreffenden Sender und den verantwortlichen Redakteur hart treffen. Es reicht der Mut, die Instrumentarien in ihrer Gänze auszuschöpfen und auch mal ein Exempel zu statuieren. Dann wird die ZAK als Aufsichtsbehörde ihr Image als zahnloser Tiger vielleicht auch verlieren.Thema des Monats: Medienaufsicht
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[Kommentar von Jana Skoupy, Online-Newsredakteurin]
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