
Leipzig – Das von der RTL Mediengruppe gewählte Konzept, ihre Kanäle im Kompressionsstandard MPEG-4 und in Conax grundverschlüsselt im Großraum Stuttgart via DVB-T auszustrahlen, ist heftig umstritten. Nun bezieht der Direktorder Landesmedienanstalt Hessen (LPR) dazu Stellung.
Im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN behauptet der LPR-Direktor Prof. Wolfgang Thaenert, dass „das von RTL gewählte Konzept ausschließlich auf die hohen Kosten für die herkömmliche DVB-T-Abstrahlung zurückzuführen“ sei.
Ob dieses Beispiel auch in Hessen Schule machen könnte, wollte Thaenert nicht eindeutig beantworten. Allerdings wolle er abwarten, „mit welchem Ergebnis (Akzeptanz) die MPEG-4-Einführung und die damit verbundene Adressierbarkeit bei den Zuschauern ankommt“.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Prof. Thaenert, die Entscheidung der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) Baden-Württemberg, ihre bisherige Position einer Free-to-air-Verbreitung in Richtung einer Grundverschlüsselung aufzugeben, stellt nicht nur einen Paradigmenwechsel dar, sondern stellt auch die Landesmedienanstalt vor die gleiche Entscheidung bezüglich der Zuweisung des ausgeschriebenen Multiplex. Gibt es diesbezüglich schon eine Meinungsbildung/Positionierung innerhalb der Medienanstalt?
Prof. Wolfgang Thaenert: Die LPR Hessen wartet vorerst ab, mit welchem Ergebnis (Akzeptanz) die MPEG-4-Einführung und die damit verbundene Adressierbarkeit bei den Zuschauern ankommt. Inwieweit dann weitere Regionen in Hessen mit dieser neuen Technik versorgt werden könnten, bleibt abzuwarten. Nach den der LPR Hessen vorliegenden Informationen, ist das von RTL gewählte Konzept ausschließlich auf die hohen Kosten für die herkömmliche DVB-T-Abstrahlung zurückzuführen. Auf eine Ausschreibung entsprechender Kapazitäten in Nordhessen hatten sich nationale Fernsehveranstalter nicht beworben.
DF: Nachdem eine Landesmedienanstalt die MPEG-4-Kompression sanktioniert hat, ist es für Sie denkbar, dass die bereits in Hessen on-air befindlichen öffentlich-rechtlichen DVB-T-Programme auch auf MPEG-4 umgestellt werden? Was spricht dafür, was spricht dagegen? Wird dabei eine Grundverschlüsselung zu umgehen sein?
Prof. Wolfgang Thaenert: Ob in einem späteren Schritt die gegenwärtige MPEG-2-Abstrahlung im Rhein-Main-Gebiet auch umgestellt wird, steht z. Z. nicht zur Diskussion. Eine solche Umstellung bedarf der Genehmigung durch die Landesmedienanstalt und die Landesstelle (Hessische Staatskanzlei). Welche Haltung die öffentlich-rechtlichen Programme ARD und ZDF hierzu einnehmen, entzieht sich meiner Kenntnis.
DF: Vor zwei Jahren versuchte der Satellitenbetreiber SES Astra mit der Plattform Entavio eine Grundverschlüsselung der über Satellit verbreiteten Programme zu etablieren. Nunmehr vermarktet der Satellitenbetreiber Eutelsat die in Conax verschlüsselten und über DVB-T verbreiteten Programme der RTL-Gruppe. Sehen Sie zwischen beiden Modellen einen Unterschied? Worin liegt dieser?
Prof. Wolfgang Thaenert: Aus Sicht der LPR Hessen besteht zwischen den beiden von Ihnen angeführten Systemen kein Unterschied.
DF: Stellt die Entscheidung der Lfk, die Verbreitung von verschlüsselten Programmen über DVB-T zuzulassen, nicht den Einstieg in die generelle Grundverschlüsselung der TV-Programme dar?
Prof. Wolfgang Thaenert: Im Prinzip ja. Dagegen bestehen jedoch solange keine Bedenken, wie es sich nach wie vor um „Free-TV“ handelt.
DF: Herr Prof. Thaenert, vielen Dank für das Gespräch. [cg]
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