Sturz des Patriarchen: Vor zehn Jahren fiel das Kirch-Imperium

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Aus dem Nichts hatte Leo Kirch einen gigantischen Medienkonzern geschaffen. Aber er war auf Schulden gebaut. Vor zehn Jahren krachte das Imperium zusammen – die Deutsche Bank könnte von den Trümmern noch getroffen werden.

Das Drama hatte sich noch übers Wochenende hingezogen. Bis zuletzt kämpfte Leo Kirch um das Überleben seines Medienimperiums – aber Rupert Murdoch, Silvio Berlusconi und die Banken wollten nicht noch mehr Geld aufs Spiel setzen. Am Montag war endgültig Schluss: Vor zehn Jahren, am 8. April 2002, reichte KirchMedia Insolvenzantrag beim Amtsgericht München ein. Es war die größte Firmenpleite in Deutschland – mit Folgen bis heute.
 
An seinem 75. Geburtstag ein halbes Jahr zuvor war Leo Kirch noch zu den reichsten Männern der Welt gezählt worden. Auf 13 Milliarden Euro hatte das Finanzmagazin „Forbes“ sein Vermögen geschätzt. Die Fernsehsender ProSieben, Sat.1, Kabel Eins, N24, DSF, 9Live und Premiere gehörten ihm. Außerdem Europas größtes Filmlager mit über 10 000 Spielfilmen und Fernsehserien, die Mehrheit an der Formel 1, die Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga und die Weltmeisterschaften 2002 und 2006 und obendrein auch noch 40 Prozent am Axel Springer Verlag.
 
Aber das ganze Reich war auf einem Berg von Schulden aufgebaut. „Das Problem mit der Geldbeschaffung war im Prinzip immer dasselbe“, hatte Leo Kirch als Zeuge vor Gericht bei seinem letzten öffentlichen Auftritt vor seinem Tod im Juli vergangenen Jahres erklärt. Als einer der ersten hatte er in den 50er Jahren das Potenzial des neu aufkommenden Fernsehens erkannt und einen Filmhandel eröffnet. Aber schon die 20 000 D-Mark, die er im Alter von 29 Jahren für die Rechte an Federico Fellinis Filmklassiker „La Strada“ ausgab, hatte er nur mit Hängen und Würgen aufgetrieben.
 
Mit Erfolg verkaufte er später Hollywood-Filme an ARD und ZDF und gründete eigene Fernsehsender. Aber der Pay-TV-Sender Premiere wurde zum Milliardengrab. Kirch holte Medienriesen wie Springer, Unternehmen von Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi als Investoren an Bord, kaufte noch mehr Filme und Sportrechte auf Pump und stand am Ende mit über 6,5 Milliarden Euro in der Kreide. „Ich habe kein Geld, ich habe Schulden“, sagte er selbst.

Ein Börsengang der KirchMedia sollte frisches Kapital einbringen, aber der Plan blieb auf halbem Wege stecken. Der Ausblick 2002 war finster: Woher sollte Kirch das Geld für die bald fälligen Bankkredite und die Rechnungen aus Hollywood nehmen? Premiere hatte soeben wieder mit einem weiteren Jahresverlust von fast einer Milliarde Euro abgeschlossen.Ab Januar 2002 gingen die Mitgesellschafter Kirch ans Leder.
 
Springer wollte plötzlich bei ProSiebenSat.1 aussteigen und forderte von dem ungeliebten Großaktionär 767 Millionen Euro zurück. Premiere-Teilhaber Murdoch verlangte 1,6 Milliarden. Und Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer bezweifelte in einem Interview, dass Kirch weitere Kredite bekommt. „Der Rolf hat mich erschossen“, sagte Kirch und überzog die Deutsche Bank mit Prozessen. Bis heute hängen die Milliardenforderungen und Strafanzeigen wie ein Damoklesschwert über ihr.
 
Am Freitag vor der Insolvenz hatte Medienmogul Murdoch noch einmal zum Krisengipfel nach Los Angeles geladen. Aber die Investoren und Banker konnten sich nicht über neue Kredite und die Aufteilung der Sicherheiten einigen. Am Montagmorgen erklärte sich KirchMedia für zahlungsunfähig. Einen Monat später folgte die KirchPayTV. „Von 11 000 meiner Mitarbeiter sind 5 000 entlassen worden, und ich hab mein ganzes Vermögen verloren“, klagte Kirch in einem „Spiegel“-Interview.
 
Tatsächlich aber starb er als reicher Mann, als größter Aktionär des Filmkonzerns Constantin. Die Banken kamen mit einem blauen Auge davon. ProSiebenSat.1 wurde von US-Investoren übernommen. Verlegerin Friede Springer hatte wieder das uneingeschränkte Sagen im eigenen Haus. Und Murdoch versucht weiter, woran Kirch gescheitert war: Mit Pay-TV in Deutschland Geld zu verdienen. [Roland Losch]

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1 Kommentare im Forum
  1. AW: Sturz des Patriarchen: Vor zehn Jahren fiel das Kirch-Imperium Zitat: "Und Murdoch versucht weiter, woran Kirch gescheitert war: Mit Pay-TV in Deutschland Geld zu verdienen." Das ist irgendwie eine unendliche Geschichte...
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