Der neue Chef des Produktionsunternehmens Studio Hamburg, Carl Bergengruen, hat die Verantwortlichen der deutschen TV-Branche davor gewarnt, ihre Etats für Film-und Serienproduktionen zurückzuschrauben.
„Es gibt seit längerem eine grundsätzliche Tendenz bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, dass die Produktionsvolumina stagnieren oder langsam runtergehen“, sagte der seit 1. Februar amtierende Bergengruen am Freitag in Berlin.“ „Das ist eine Tendenz, mit der wir uns sehr wohl beschäftigen müssen.“
Die Privatsender, sagte Bergengruen weiter, verzeichneten derzeit hervorragende Ergebnisse. „Wir können aber noch nicht einschätzen, inwieweit diese Gewinne auch für zusätzliche inländische Produktionen aufgewendet werden.“
Die deutschen Produktionsfirmen seien aufgrund des stabilen, gebührenfinanzierten Systems der Öffentlich-Rechtlichen kaum von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen gewesen. Sie müssten sich jetzt mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie aus demselben Grund auch an dem gesamtwirtschaftlichen Aufschwung wohl nur bedingt partizipieren dürften.
Auch inflationsbedingte Preiserhöhungen seien nicht die Regel, im Gegenteil: Es komme sogar manchmal zu Abschlägen. Die Fernsehnutzung nehme in Deutschland aber nicht ab, und damit auch nicht der Bedarf an TV-Programmen und -Produktionen. Es gebe also keinen Grund zu übertriebenem Pessimismus.
Der Name Studio Hamburg (833 Mitarbeiter) steht unter anderem für bundesweit bekannte TV-Formate wie die ARD-Serie „Großstadtrevier“ und die „Tatort“-Produktionen in Kiel und Hamburg. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) sucht nach dem Abtritt von Mehmet Kurtulus einen neuen Ermittler für Hamburg. „Wir sind bei der Ausschreibung dabei“, sagte Bergengruen, der im Februar vom Südwestrundfunk zu Studio Hamburg gewechselt war.
Der Klassiker „Großstadtrevier“ (immer montags im Programm) wird jetzt in das Volumen der „Krimi light“-Vorabendangebote der ARD miteingehen. „Wir hoffen auf weitere Aufträge“, sagte Bergengruen über mögliche weitere Produktionen für andere Wochentage. Bislang wurde bekannt, dass die Ufa-Firmengruppe und die Eikon Media beim neuen ARD-Vorabend mitmischen. Die ARD will ab Herbst jeden Werktag zwischen 18 und 20 Uhr eine komödiantische Krimiserie senden.
Studio Hamburg (Umsatz 2010: 280 Millionen Euro, Ergebnis: 2,1 Millionen Euro) prüft außerdem die Beteiligung an einer gemeinsamen Video-on-Demand-Plattform mit ARD und ZDF, Vertriebsfirmen und Produzenten, die auch privaten Veranstaltern zugänglich gemacht werden soll. Als eine wichtige Aufgabe stufte Bergengruen die Belegung der Studiokapazitäten am Standort ein, die nicht immer voll ausgelastet seien.
Auch der komplette Wegzug von ProSiebenSat.1 nach München habe sich für die Berliner Studiobetreiber bemerkbar gemacht. Zudem würden kleinere Formate zunehmend auch außerhalb spezialisierter Studios produziert. Die Studios in Berlin-Adlershof seien aber technisch hervorragend ausgerüstet, so dass mit einer baldigen Erholung der Lage zu rechnen sei.
Zuletzt hatte die Allianz Deutscher Produzenten ihrer Sorge darüber Ausdruck verlieren, dass das ZDF nach dem Erwerb der Champions-League-Übertragungsrechte seine Investionen in fiktionale Programme senken könnte, um die finanziellen Mehraufwendungen zu kompensieren. Intendant Markus Schächter hatte die Befürchtungen als grundlos zurückgewiesen (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). [dpa/ar]
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