
Düsseldorf – Nach einer neuen Studie der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) haben sich die Werbung und damit bestimmte Werbeformen im deutschen Fernsehen zum Teil dramatisch verändert.
So hat die klassische Blockwerbung ihre Bedeutung als „Königsweg“ der TV-Werbung aufgrund mangelnder Akzeptanz bei den Zuschauern eingebüßt. In den Programmen privater Sender kommt es aufgrund ökonomischen Drucks zunehmend zu einer Annäherung werblicher Erscheinungsformen an das Programm. TV-Anbieter und Vermarkter setzen dabei auf eine Vielzahl neuer Sonderwerbeformen. Dies sind einige zentrale Ergebnisse der LfM-Studie „Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver Kommunikationsangebote des Fernsehens“. Die Studie wurde im Rahmen einer Fachtagung der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) der Landesmedienanstalten auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin (am 3. September) präsentiert.
Laut Untersuchung richten sich Finanzierungsmodelle privater Sender nicht mehr nur auf Einnahmen durch klassische Werbeformen. Alternative Finanzierungsarten wie Call-In-Mehrwertdienste hätten eine größere Bedeutung eingenommen. Die Forscher (Leitung der Studie: Prof. Dr. Helmut Volpers, Institut für Medienforschung IMGÖ) beobachten einen sich verstärkenden Trend, Erlöse über Zusatzgeschäfte zu erzielen und für programmbezogene Produkte zu werben („selbstreferentielle Werbeformen“). Neben gesetzlich durchaus legalen Sonderwerbeformen werden in der qualitativ angelegten Untersuchung von bundesweiten und regionalen, privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen auch Formen identifiziert, die sich in einem rechtlichen Graubereich befinden.
Nach den Worten von LfM-Direktor Norbert Schneider muss man auch beim Fernsehen von einem stärkeren Eindringen der Public Relations in den Kernbestand journalistischer Kommunikationsinhalte reden – ein ähnliches Ergebnis brachte bereits die LfM-Studie über werbliche Erscheinungsformen im Hörfunk vom März 2007.
„Die Grenze zwischen Programm und Werbung ist in vielen Verlaufsformen nicht mehr so scharf zu ziehen wie zu Beginn des dualen Systems. Dennoch muss der Grenzverlauf für den Zuschauer jederzeit erkennbar bleiben. Dies geht nur über ein Höchstmaß an Transparenz, nicht zuletzt auch bei PR-nahen Formen. Hier müssen Ross und Reiter genannt werden. Das gilt für den privaten und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“
Der Zuschauer müsse wissen, ob das, was er sieht, werblichen Absichten unterzuordnen sei oder im publizistischen Interesse des Anbieters liege, also einer redaktionellen Entscheidung folge. „Hier steht nicht weniger auf dem Spiel als die Glaubwürdigkeit des Mediums. Die aber kann man nach aller Erfahrung nur einmal verlieren“, sagte Schneider weiter.
Prof. Dr. Helmut Volpers sagte, der Gesetzgeber, der bislang das Trennungsgebot als eines der wesentlichen Grundsätze des Medienrechts angesehen habe, habe die Marktkräfte und den Kommerzialisierungsdruck offenbar völlig unterschätzt. Die Legalisierung von Product Placement würde unweigerlich zu Weiterungen führen, die über das reine Placement von Produkten und Marken hinausgehen: „Der Gesetzgeber muss sich entscheiden, ob er in einem zukunftsfähigen Medienrecht Regelungen schaffen will, die einen Kernbestand journalistischer Autonomie vor ökonomischen Interessen bewahren hilft“, sagte er. [mg]
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