SPD-Medienexpertin: Champions League im ZDF ein Glücksfall

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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SPD-Medienexpertin Daniela Behrens hat den Erwerb der Champions-League-Rechte durch das ZDF begrüßt. Damit seien die Spiele „werbefrei und flächendeckend“ zu empfangen. An eine Grundverschlüsselung von ARD und ZDF will die niedersächsische Politikerin nicht glauben.

Sollten ARD und ZDF aus Ihrer Sicht attraktive Film- und Sportrechte künftig den privaten Sendeanstalten überlassen oder die geforderte Grundverschlüsselung seitens der Rechteinhaber umsetzen, um in diesem Bereich konkurrenzfähig bleiben zu können?

Daniela Behrens: ARD und ZDF haben einen verfassungsrechtlich abgesicherten Auftrag, der umfasst auch explizit den Bereich Unterhaltung. Film- und Sportrechte gehören damit zum Sendeauftrag. Eine Verschlüsselung der in ARD und ZDF ausgestrahlten Inhalte ist konsequent abzulehnen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom Jahre 2006. Darin wurde entschieden, dass eine Codierung von Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der Folge, dass diese nur mittels Decodern von denjenigen empfangen werden können, die über Abrechnungssysteme erfasst sind, mit der Verpflichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die technische Empfangbarkeit seiner Sendungen ohne erheblichen wirtschaftlichen und technischen Aufwand zu gewährleisten, nicht zu vereinbaren ist.

Wie stehen Sie zum Thema Grundverschlüsselung?

Behrens: Weder ARD noch ZDF planen eine Grundverschlüsselung. Beide Sender haben dies immer wieder betont. Als Medienpolitikerin liegen mir keine gegenteiligen Aussagen oder Entscheidungen vor. Ich lehne eine Grundverschlüsselung sowie die Ausgabe einer Smartcard in Deutschland ab.

Halten Sie die Marktposition von ARD und ZDF im europäischen Markt für groß genug, um sich dauerhaft gegen eine solche Verschlüsselung zu sperren, die bereits in sämtlichen großen Nachbarmärkten (Österreich, Schweiz, Großbritannien, Italien, Frankreich) praktiziert wird?

Behrens: ARD und ZDF sind sehr gut aufgestellte öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, die über ein breites Netz von europäischen Kooperationen verfügen. Ihre Stimmen sind im europäischen Medienmarkt nicht zu überhören. Außerdem zeigt der Blick in die großen Nachbarstaaten, dass keineswegs überall in Europa eine Verschlüsselung praktiziert wird. So ist z.B. die BBC vor einigen Jahren dazu übergegangen, ihre Ausstrahlungen über Satellit gerade nicht mehr verschlüsselt auszustrahlen. Auch die RAI praktiziert im Grundsatz keine Verschlüsselung.

Wie erklären Sie sich, dass ARD und ZDF seit Jahren gebetsmühlenartig einen Verzicht auf Grundverschlüsselung postulieren, obwohl Ihnen diese in Verhandlungen mit Rechteinhabern immer wieder nahegelegt wird?

Behrens: Über die Inhalte der Vertragsverhandlungen mit Rechteinhabern liegen mir keine Details vor. Allgemein bekannt ist, dass die Rechteinhaber vor allem die grenzenlose Übertragung und Bereitstellung im Internet bzw. die unautorisierte Verbreitung übers Internet unterbinden wollen. Das Erstellen von Privatkopie der Fernsehnutzer wird nicht als Problem angesehen. Fakt ist, dass bisher ARD und ZDF z.B. amerikanische Blockbuster zeigen. Es werden also Lösungen gefunden, die ohne eine Grundverschlüsselung auskommen.

Welche Position haben Sie zu dem letztlich durch Gebühren finanzierten Erwerb von Champions-League-Übertragungsrechten durch das ZDF, obwohl die Ausstrahlungen auch ohne ein öffentlich-rechtliches Gebot im frei empfangbaren Fernsehen – i.e. Sat 1 – zu sehen gewesen wären?

Behrens: Sportberichterstattung und Fußballübertragungen sind für viele Fernsehnutzer ein wichtiges Element. Ich begrüße daher den Rechteerwerb für die Champions-League 2012/2013. Die journalistische Qualität der Sportberichterstattung des ZDF ist exzellent.
 
Die TV-Zuschauer werden davon profitieren, denn durch das ZDF wird die Champions League deutlich flächendeckender ausgestrahlt. Sat 1 ist nicht überall in Deutschland zu empfangen. Zudem wird Sport in HD nun auch im Free-TV zu sehen sein. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Berichterstattung während des Spiels sowie vor und nach dem Spiel werbefrei ist. Das begrüße ich sehr.

Wie ist nach Ihren Informationen der Stand der Kopierschutzbemühungen bei ARD und ZDF?

Behrens: ARD und ZDF arbeiten im Rahmen des DVB-Konsortiums am DVB-CPCM-Standard sowie am „Free to Air-Profile“ mit.

Wie können ARD und ZDF sicherstellen, dass der Gebührenzahler auch künftig Filme „erster Klasse“ bei ARD und ZDF sieht?

Behrens: Bezugnehmend auf die Aussagen von ARD und ZDF setzen sich beide Rundfunkanstalten auch in Zukunft für die unverschlüsselte Ausstrahlung ihrer Programme sowie für das Recht der Zuschauer auf eine Privatkopie der öffentlich-rechtlichen Inhalte ein. Mit dem so genannten „Free to Air-Profile“ wollen beide Sendeanstalten diesen Grundsatz auch im Rahmen der Maßnahmen zum Digital-Rights-Management durchsetzen. Lediglich die unautorisierte Weiterverbreitung dieser Aufnahmen über das Internet soll verhindert werden.

Befürworten Sie angesichts der neuen Entwicklungen bezüglich der Rechteinhaber ein „Weiter so“ bei ARD und ZDF – quasi einen deutschen Sonderweg?

Behrens: Welchen deutschen Sonderweg meinen Sie? Ich kenne keinen. Auch ein „Weiter so“ gibt es nicht, siehe vorherige Antworten!

Welche regulatorischen Maßnahmen müssen Ihrer Meinung nach umgesetzt werden, wenn ARD und ZDF eine kopiergeschützte Plattform – egal ob mit oder ohne Verschlüsselung der Inhalte – aufbauen?
 
Behrens: Der verfassungsmäßig-verankerte Grundversorgungsauftrag setzt hier die Regeln: Eine Grundverschlüsselung ist mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht vereinbar.

Wie sollen/können ARD und ZDF beim Festhalten an einer unverschlüsselten Ausstrahlung in der Zertifizierung weltweit sicherstellen, dass internetfähige Endgeräte – bis hin zu Kühlschränken – kopiergeschützte Inhalte aus Deutschland nicht empfangen? Wird dies gegebenenfalls eine Aufgabe für die deutsche Politik werden?

Behrens: Die Politik hat mit der Beschreibung des öffentlich-rechtlichen Auftrags den Rahmen gesetzt. Ansonsten arbeiten ARD und ZDF derzeit in internationalen Standardisierungsgremien an technischen Lösungen mit, die – ohne mit einer Verschlüsselung der Inhalte oder einer Einschränkung der Kopiermöglichkeit einherzugehen – bei entsprechender Signalisierung verhindern sollen, dass die empfangenen Inhalte von den Nutzern unautorisiert über das Internet weiter verbreitet werden können. Dieser Entwicklungsprozess ist noch nicht abgeschlossen.
 
Frau Behrens, vielen Dank für das Gespräch.[ar]

Das Interview gibt die Meinung des Interviewpartners wieder. Diese muss nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Für die Aussagen des Interviewpartners wird keine Haftung übernommen.

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