Ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen Hass im Netz haben sich Medienberichten zufolge viel weniger Internetnutzer wegen mangelhafter Löschungen beschwert als erwartet.
Bis Ende Mai seien beim Bundesamt für Justiz (BfJ) über das Online-Formular erst knapp 400 Meldungen eingegangen, teilte die Behörde dem „Handelsblatt“ mit. Der Gesetzgeber war nach Angaben eines Sprechers des Bundesamtes von rund 25 000 Meldungen und 500 Bußgeldverfahren im Jahr ausgegangen.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gilt seit dem 1. Januar. Das Gesetz setzt bestimmte Löschfristen bei offensichtlich strafbaren Inhalten wie Volksverhetzung. Offenkundig strafbare Inhalte sollen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden, bei schwieriger zu entscheidenden Fällen soll innerhalb von sieben Tagen dagegen vorgegangen werden. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Bußgelder in Millionenhöhe.
Grüne und FDP halten die Zahlen des Bundesamts für wenig aussagekräftig. Das geringe Beschwerdeaufkommen sei „keineswegs ein Indiz für eine gute gesetzliche Regelung oder ein Abnehmen der Problematik“, sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz dem „Handelsblatt“. „Vielmehr sind die geringen Zahlen eher ein Beleg dafür, dass auch die Nutzerinnen und Nutzer die Meinung teilen, dass eine Bundesbehörde als Schlichtungsstelle schlicht ungeeignet ist.“
Der FDP-Digitalpolitiker Jimmy Schulz befürchtet, dass die Zahl deswegen so gering sei, weil Facebook sich im Zweifel für das Löschen eines Beitrags entschieden habe, statt eine Strafe zu riskieren. Den Worten Schulz‘ sehr ähnlich klingende Kritikpunkte hatten Wissenschaftler der Universität jedoch bereits vor knapp vier Monaten im Rahmen einer wissenschaftlichen Prüfung der Auswirkungen des Gesetzes weitestgehend entkräftet (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
[dpa]
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