DAZN experimentiert mit werbegestützen Gratis-Sendern, Netflix zeigt mittlerweile Werbung und auf Sky Q gibt es kein Video-on-Demand ohne Werbeblock. Ist das Modell werbefreies Streaming am Markt gescheitert?
Die Goldgräberstimmung am Streaming-Markt scheint endgültig vorbei: Netflix hat entgegen aller vorherigen Beteuerungen ein Abo-Modell mit Werbung eingeführt. Top-Konkurrent Disney+ hat ebenfalls einen werbegestützten Tarif auf dem Markt gebracht, erhöht im Standard-Tarif nach drei Dumping-Jahren kontinuierlich die Preise und ist immer noch weit davon entfernt, dem Disney-Konzern Profite einzubringen.
Derweil spielt der mittlerweile in den Augen vieler (Ex-)Kunden unverschämt im Preis gestiegene Sport-Streamingdienst DAZN seine Inhalte auch über werbegestützte FAST-Channels aus. Pay-TV-Konkurrent Sky zwingt zudem seine Kundschaft über Sky Q bei Streaming auf Abruf, einen Werbeblock mit gleich mehreren Reklame-Clips anzuschauen.
Von Sky Q bis Netflix: Die Werbung ist (wieder) da
Unabhängig vom Programmfokus auf Sport oder Entertainment lässt sich bei den gängigen Streaming-Anbietern also ein klarer Trend erkennen: Die zwischenzeitlich triumphierend verabschiedete lineare Werbung kehrt aus der Verbannung in viele Haushalte zurück. Stellenweise sicherlich feinjustierter, bis hin zu individuell auf die Konsumenten abgestimmt – doch im Grunde blüht dem Streaming-Publikum gerade das, wovor es im Free-TV Reißaus nahm: Die Auflösung erfahren sie nach der Werbung.
Für die Meisten war von Werbeblöcken zersetztes Fernsehen längste Zeit der Standard. Das werbefreie Pay-TV war in Deutschland schließlich als Luxusprodukt verschrien, konnte sich nie großflächig etablieren. Dann überrollten die Streamingdienste mit kleinen Preisen den Markt und auch die Deutschen bissen an. Zum Preis eines Pay-TV-Vertrags ließen sich gleich mehrere Streaming-Abos buchen, werbefrei und größtenteils ohne Aufpreis in UHD anschauen.
Hochglanz-Entertainment zu Dumpingpreisen
Netflix und Disney+ warfen dann Robert DeNiro, Al Pacino, Leo DiCaprio und große Franchises wie „Star Wars“ und Marvel in die Waagschale und machten klar: Hier gibt es exklusive Hochglanz-Unterhaltung statt Videotheken-Grabbeltischware. Zu relativ kleinen Preisen abonnierbar überboten sich die Streamingdienste dann mit Highlights: Jedes Quartal eine neue „Star Wars“-Serie bei Disney+, milliardenschwere Tolkien-Umsetzungen bei Amazon Prime Video, aufwändige Eigenkreationen wie „Stranger Things“ bei Netflix.
Für die Streaming-Kundschaft war das paradiesisch, die Anbieter befanden sich indes in einem finanziell ermüdenden Tauziehen um den Markt und bekamen unlängst in schmerzhaften Schüben die Rechnung für ihre Materialschlachten. Netflix versucht nun an allen Ecken und Enden zu sparen, Disney+ reißt dem weltgrößten Entertainment-Konzern weiterhin ein Loch in die Tasche und Amazon startete mit Freevee einen SVoD-Streamingdienst.
Werbefreies Streaming als Luxusprodukt
Die Abkehr vom reinen werbefreien Abo-Modell bei Streamingdiensten wie Netflix, Disney+, Amazon Prime Video und auch DAZN bedeutet wohl kaum, dass bald überall zwingend Werbung zu sehen sein wird. Für budgetbewusste Haushalte sind werbegestützte Abonnements sicher oft die einzige Alternative zur Kündigung, während finanziell sorglose Verbraucher auch 20 Euro für Netflix Premium hinlegen und nicht darauf angewiesen sind, ein paar Sport-Highlights auf einem FAST-Channel von DAZN zu erhaschen.
Es zeichnet sich somit eine klare Doppelstrategie bei der Vermarktung der teuren Streaming-Inhalte ab: Günstigen Zugang zur „Star Wars“- und Marvel-Wunderwelt gibt es dann halt mit Werbeeinblendungen, werbefreies Streaming-Vergnügen wird wohl zu dem werden, was längste Zeit das Pay-TV war – ein Luxusprodukt, das viele aus finanziellen Gründen nicht in Anspruch nehmen können oder wollen.
Bildquelle:
- The Mandalorian Season3: Disney
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