Bereits seit Längerem hatte die EU Serbien gedrängt, seine Staatsmedien zu privatisieren. Unter ihnen ist auch die über 70 Jahre alte Agentur Tanjug. Es bleibt jedoch fraglich, ob Regierung und Behörden die Kontrolle über Radio, Zeitungen und Co. wirklich aus der Hand geben werden.
Die altehrwürdige frühere jugoslawische Nachrichtenagentur Tanjug, einst das mächtigste Medium in Südosteuropa, wird privatisiert. Die im Zweiten Weltkrieg gegründete Agentur ist für den Spottpreis von 761 000 Euro zu haben, berichteten die Zeitungen am Mittwoch in Belgrad unter Berufung auf eine entsprechende Ausschreibung des Staates. Sollte sich kein Käufer finden, wird den Mitarbeitern das Kapital angeboten. Wenn auch die kein Interesse zeigen, wird das Unternehmen geschlossen.
Wie Tanjug ergeht es 37 weiteren Medien im Besitz von Staat und Stadtverwaltungen. Darunter sind wahre Schnäppchen: Nur 2800 Euro muss ausgeben, wer das Radio der Stadt Medvedja im Süden kaufen will. Ähnlich günstig wird mit 3400 Euro der Radiosender in der Kreisstadt Valjevo angeboten. Knapp 600 000 Euro kostet der Regionalsender in der Großstadt Sabac. Der TV-Sender in der zweitgrößten Stadt Nis ist für läppische 75 000 Euro zu haben.
Brüssel dürfte mit seinem Beitrittskandidaten Serbien zufrieden sein. Doch die pompöse Privatisierung ändert nur wenig daran, dass der Staat weiter der dominante Player in der Medienszene bleibt. Die großen nationalen Medien sind weiter im Staatsbesitz: Das Fernsehen RTS ebenso wie die meinungsbildende Zeitung „Politika“ und das größte Blatt „Novosti“. Einige Boulevardzeitungen wie „Informer“ erscheinen tagtäglich als eine Art Kampfblatt für die Sache der Regierung – mit bösen Angriffen unter der Gürtellinie auf alle ihre Kritiker.
Und selbst bei den jetzt zum Verkauf freigegebenen Medien ist nicht sicher, ob sie damit wirklich dem Staatseinfluss entzogen werden. „Aus eigener Erfahrung würde ich niemals Geld in serbische Medien investieren“, sagt der frühere „Politika“-Direktor Hadzi Dragan Antic: „Das sind alles kontrollierte Medien und das werden sie auch nach der Privatisierung bleiben.“ Staat und Behörden können die Medien im Land vor allem durch ihre Anzeigen beeinflussen, die in der tiefen Medienkrise für viele Printmedien überlebenswichtig sind.
Dass das nicht ganz von der Hand zu weisen ist, belegen Versuche deutscher Medien, in Serbien zu investieren. Sowohl Europas größter Fernsehkonzern RTL Group sowie die Essener Funke-Gruppe („WAZ“) zogen sich wegen Schikanen der Behörden aus dem serbischen Markt zurück. Zuletzt wurde es deutschem Medienkapital aus politischen Gründen verwehrt, den modernsten Kabelsender TV Nova mit einer nationalen Sendefrequenz zu vergrößern, obwohl die ungenutzt zur Verfügung stand. [dpa/ag]
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