Eine Kandidatin der Sat.1-Kuppelshow „Schwer verliebt“ wirft dem Sender vor, statt Reality-TV größtenteils gestellte Szenen und erfundene Dialoge zu präsentieren. Sie müsse wie die anderen Teilnehmer nach einem geheimen Drehbuch agieren und werde durch peinliche Szenen bloßgestellt.
„Was da im Fernsehen passiert, ist eine einzige Lüge: von wegen Reality-TV…“, sagte die 27-jährige Sarah H. in der „Rhein-Zeitung“ vom Samstag. Sat.1-Sprecherin Diana Schardt sagte am Samstag der Nachrichtenagentur dpa: „Wir wundern uns sehr über Sarahs angebliche Aussagen, wir haben von ihr bisher durchgehend positives Feedback erhalten“. Die Kandidatin sagte der Zeitung, sie werde seit dem Start des Formates vor zwei Wochen im Internet beleidigt und sei zum Gespött ihres Dorfes in Idar-Oberstein geworden. Die zweite Folge am vergangenen Sonntag (19.00 Uhr) hatte 2,92 Millionen Zuschauer.
In der Show geht es um mehr oder weniger übergewichtige Singles, die einen Partner suchen. Dabei habe sie als Kandidatin aber kaum Auswahl gehabt, erzählte Sarah H. der Zeitung. Nur drei männliche Kandidaten seien ihr per DVD angeboten worden, zwei musste sie demnach aussuchen. Von echter Zuneigung oder gar großer Liebe könne nicht die Rede sein, auch wenn am Ende der Staffel alles so aussehen solle, als wenn Sarah zu Dirk nach Leipzig ziehe. „Um Himmels Willen. Nichts war da zwischen uns. Wir haben auch keinen Kontakt mehr“, sagte die 27-Jährige, die nach eigener Aussage 700 Euro bekam und sich vertraglich verpflichten musste, Stillschweigen über die Produktion zu wahren.
So sei sie als Freak dargestellt worden, der mit 27 Jahren seine sexuellen Fantasien mit Barbie-Puppen nachspiele. Das stimme so aber alles gar nicht, ihre Aussagen in den Filmbeiträgen seien meist nicht von ihr, sondern aus dem Drehbuch: „Die (das Filmteam) haben mir die völlig unnatürlichen Sätze vorgesagt, ich musste sie nachplappern. Manchmal 20-mal. Bis die zufrieden waren“.
Die Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz prüft derzeit Zuschauerbeschwerden gegen das Format, wie Sprecher Joachim Kind dem Blatt sagte. „Die Show arbeitet mit Ironie, die Häme ist grenzwertig“. Für ein abschließendes Urteil müsse geprüft werden, ob die Kandidaten in der Show selbstbestimmt agieren.
Von Sat.1 hieß es am Samstag, es gebe kein Drehbuch, sondern lediglich einen Drehplan, so wie dies bei allen TV-Produktionen, nicht nur bei Reality-Formaten, üblich und nötig sei. Zu Vertragsinhalten äußere man sich grundsätzlich nicht. Beschwerden seitens der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) seien dem Sender nicht bekannt.
Teilnehmer an solchen Reality-Formaten im Fernsehen erzählen immer wieder von sogenannten Knebelverträgen und gestellten Szenen. Dass Laiendarsteller nach Drehbuch die Realität nachspielen ist auch nichts Neues im TV, solche Formate nennen sich „Scripted Reality“ und laufen vornehmlich am Nachmittag. Kuppelshows gehören aber von der Beschreibung der Sender her prinzipiell nicht zu diesem Genre; hier wird dem Zuschauer meist eine recht wahrheitsgetreue Wiedergabe der Realität versprochen. [rh]
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