Die Debatte um das Urheberrecht währt bereits seit über drei Monaten und hat noch immer nicht an Kraft verloren. Sowohl Internetnutzer als auch Urheber überziehen einander mit Vorwürfen und Appellen. Das solche Konflikte auch friedlich ausgetragen werden können, zeigt eine kleine Musik-Plattform in der Schweiz.
Künstler und Internet-Nutzer sind in diesen Tagen nicht gut aufeinander zu sprechen. Tief sind die Gräben, die der Konflikt ums Urheberrecht im Netz gerissen hat. Dass es auch ganz anders geht, zeigt eine neue Plattform aus der Schweiz, die völlig unkompliziert Musiker und Nutzer ihrer Werke zusammenbringt. „Es wird gerade so sehr polarisiert, da wollen wir mit unserem pragmatischen Ansatz einen fairen Ausgleich zwischen beiden Seiten ermöglichen“, sagt Jonas Brander von rightclearing.com in Zürich.
Auf dieser Webseite können Filmproduzenten, YouTube-Fans oder Mashup-Bastler die sogenannten Synchronisierungsrechte von derzeit 14 000 Musiktiteln erwerben. „Wenn ich aus einem Lied ein Stück nehmen und in mein Video einbauen will, muss es ganz einfach mit drei Mausklicks möglich sein, dem Urheber zehn Dollar dafür zu geben“, erklärt Brander eine der Anwendungsmöglichkeiten. Von diesen Synchronisierungsrechten sind die Aufführungs- oder Vervielfältigungsrechte zu unterscheiden, die in Deutschland meist von der Gema, in der Schweiz von der Suisa wahrgenommen werden.
Die Plattform rightclearing.com präsentiert bislang vor allem Künstler jenseits der großen Plattenfirmen, etwa aus der sogenannten Indie-Szene. Das im Februar in New York vorgestellte Projekt rightclearing.com ist mit der 2007 gegründeten Musikplattform restorm.com verbunden, wo sich Bands, Labels und Veranstalter miteinander vernetzen. Es seien bereits Abkommen geschlossen worden, um den Umfang der verfügbaren Musik schnell auszuweiten, sagt Michael Schmid als COO (Chief Operating Officer) des Unternehmens. „Das Ziel ist, relativ bald auf über 200 000 Stücke zu kommen.“
Interessenten für eine Lizenz können bei rightclearing.com ein Musikstück hochladen, etwa einen Hit von Lady Gaga, und bekommen dann eine Auswahl an ähnlichen Songs angezeigt, die zur Lizenzierung angeboten werden. Die Preise werden von den Urhebern festgesetzt, wobei sich diese unter anderem danach richten, ob eine kommerzielle Nutzung vorgesehen ist und in welcher finanziellen Größenordnung das Projekt geplant wird.
„Die Band bestimmt die Preise, die sie je nach Nutzungsform haben möchte“, erklärt Schmid. „Wir schlagen eine Transaktionsgebühr von zehn Prozent drauf, die der Lizenznehmer bezahlt.“ Bislang werden nach Angaben Schmids auf diese Weise monatlich etwa 100 Lizenzierungsverträge abgeschlossen.
Das Konzept integriert auch die Verwendung von Creative-Commons-Lizenzen (CC), die eine Freigabe der Inhalte erlauben, diese aber zum Teil mit Einschränkungen verbinden. So kann man auf rightclearing.com das Nutzungsrecht für Werke mit einer CC-NC-Lizenz erwerben, bei der der Urheber eine freie kommerzielle Nutzung ausgeschlossen hat.
„Rightclearing.com greift in nahezu idealer Weise die Bedürfnisse potenzieller Lizenzpartner auf“, sagt Philipp Otto vom Internet-Portal irights.info. Diese könnten dort mit wenigen Klicks und in einem transparenten Verfahren eine Nutzungslizenz abschließen und hätten dann jede gewünschte Rechtssicherheit. „Das Portal ermöglicht eine Direktlizenzierung unter Umgehung der großen Player auf dem Markt und deswegen werden die Großen auch fauchen.“
Das Züricher Projekt ist ein Beispiel für die vielfältigen neuen Möglichkeiten, die das Netz Künstlern bietet, auch für die eigene Selbstvermarktung. Das gilt nicht nur für Musik, sondern auch für Filme und Literatur. „Die Wagenburg-Formation, auf die sich viele etablierte Autoren- und Verlagskollegen jetzt zurückziehen, mag in unsteten Zeiten Mut machen und den Zusammenhalt stärken“, sagt der Geschäftsführer der Online-Buchplattform epubli.de, Jörg Dörnemann. „Wirklich spannend ist aber doch die Frage, welche kreativen neuen Lese-Angebote das Netz ermöglicht.“ Mit Digitaldruck, E-Books und Social-Media-Marketing gebe es für etablierte Stars wie für Nischen-Experten die Möglichkeit, eigene Werke schnell und günstig zu den Lesern zu bringen.“
Bei Filmen gibt es nicht nur YouTube, sondern auch eine Plattform wie onlinefilm.org, wo Filmemacher Nutzungsrechte für ihre Werke anbieten. Machen solche Projekte Verlage, Plattenfirmen und andere professionelle Verwerter überflüssig? Jonas Brander sieht das nicht: „Wirklich professionelle Künstler brauchen immer professionelle Hilfe. Die sind froh, wenn sie Leute haben, die sich um alles kümmern, was nicht den kreativen Prozess betrifft.“
Der Berliner Musikproduzent Tim Renner unterstützt das Projekt aus der Schweiz. Denn „im Sinne von Künstlern und Urhebern müsste es bei der Nutzung ihrer Werke eigentlich nicht ums Verbieten, sondern ums Vergüten gehen“. Allerdings erwartet Renner, dass der Weg für rightclearing.com mühsam ist: „Selten liegen Urheber-, Leistungsschutz- und Persönlichkeitsrecht in einer Hand. Letztlich zeigt das auf, wie reformbedürftig das für analoge Nutzung geschaffene Urheberrecht geworden ist.“[Peter Zschunke/fm]
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