Erdogan versus Böhmermann: Ein Teil der Schmähkritik gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan darf Jan Böhmermann schon nicht mehr öffentlich vortragen. Nun will Erdogan das komplette Gedicht verbieten lassen.
In Anschluss an dem Wirbel um einen Satire-Beitrag des NDR-Magazins „extra 3“, dessen Ausstrahlung Recep Tayyip Erdogan zu verhindern versucht hatte, wollte der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann dem türkischen Präsidenten mit seinem Schmähgedicht den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik verdeutlichen. Doch die betreffende „Neo Magazin Royale“-Ausgabe wuchs zum Politikum an und zog eine Staatsaffäre nach sich, in deren Verlauf die deutsche Regierung die Strafverfolgung Böhmermanns wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes erlaubte – dafür drohen dem ZDF-Satiriker nun drei bis fünf Jahre Haft. Doch nun legt Erdogan nach und hat eine weitere Klage gegen Böhmermmann eingereicht.
Mit einer einstweiligen Verfügung hatte der türkische Präsident schon durchgesetzt, dass Böhmermann den Großteil seines Gedichtes nicht wiederholen darf. So hatte das Hamburger Landgericht Böhmermann die Wiederholung der ehrverletzenden Passagen untersagt. Nicht davon betroffen waren die Teile des Gedichts, die sich mit aktuellen Entwicklungen in der Türkei befassden. Das reicht Erdogan nicht aus, der nun das komplette Gedicht verbieten lassen will. Bereits am Mittwoch reichte sein deutscher Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger nach „Spiegel“-Informationen die entsprechende Klage ein.
„Böhmermann kann sich nicht auf Kunst berufen, wenn er selbst behauptet, das Kunstwerk stamme gar nicht von ihm“, erklärte von Sprenger gegenüber dem „Spiegel“. „Wie will ich mich auf Kunst berufen, wenn es nicht meine ist?“ Der „Zeit“ hatte Böhmermann gesagt, er habe das Gedicht, das die Aufregung verursacht habe, gar nicht selbst verfasst. Neben der Autorenschaft sollen sich allerdings noch weitere neue Gesichtspunkte ergeben haben, wie der Erdogan-Anwalt dem „Spiegel“ offenbarte. Zu diesen könne er sich allerdings nicht äußern.
Bei dem nun in die Wege geleiteten Verfahren steht Erdogan auch der Weg nach oben offen. Gegen eine Entscheidung in einem solchen Hauptsacheverfahren kann der Kläger bis zum Bundesgerichtshof oder Bundesverfassungsgericht vorgehen. [kw]
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