Fällt ein Friedhofsbagger unter die Beitragspflicht? Mit Fragen dieser Art müssen sich Städte und Gemeinden derzeit herumschlagen, die wegen des neuen Beitragssystems teilweise zehn Mal höhere Abgaben leisten müssen als bisher. Nachdem die Stadt Köln angekündigt hat, vorerst keinen Rundfunkbeitrag mehr zahlen zu wollen, könnten weitere nachziehen.
Seit dem 1. Januar gelten die neuen Regelungen zum Rundfunkbeitrag, die in den ersten Wochen des neuen Jahres bereits heftig debattiert wurden. Mit Köln gab am Mittwoch die viertgrößte Stadt Deutschlands bekannt, vorerst keinen Rundfunkbeitrag mehr zahlen zu wollen. Der Grund: Die Auswirkungen des neuen Systems auf Städte und Gemeinden sind bisher bei weitem noch nicht vollends abzusehen.
Die Neuregelung erweise sich als „bürokratischer Irrsinn“ für viele Kommunen, die mit einem deutlichen Anstieg der Zahlungen rechneten. Zu Jahresanfang 2013 ist die geräteabhängige Gebühr auf eine nun pauschale Abgabe umgestellt worden. Der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeindebund hatten bereits Nachbesserungen verlangt. Das Thema müsse in Rundfunkkommission und Ministerpräsidentenkonferenz erneut auf die Tagesordnung, um eine „gerechte Lösung zu suchen“.
Der Städtetag Nordrhein-Westfalen kritisierte, für die Kommunen könne von einer „pauschalen und einfachen“ Lösung keine Rede sein, seit auf eine Abgabe pro Dienststelle und Betriebsstätte umgestellt wurde. Nun müssen Kommunen ermitteln, was genau als Betriebsstätte gilt. Die Zahl der Beschäftigten und der städtischen Kraftfahrzeuge gehören zu den Faktoren, die bei der Gebührenhöhe mitberücksichtigt werden. Es gebe große Probleme mit der Berechnung, vielen drohten „exorbitante Steigerungen“, sagte ein Städtetag-Sprecher.
Gerade Kommunen mit vielen Ortsteilen und dezentraler Verwaltung würden nun stärker belastet, betonte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebund, Bernd Jürgen Schneider: „Die im Januar eingeführte Regelung führt zu einer massiven Kostensteigerung und zu einem unnötigen bürokratischen Aufwand.“ Bergisch Gladbach etwa müsse statt bisher 2000 nun gut 20 000 Euro jährlich zahlen, für die Stadt Rheinbach werde es siebenfach teurer mit dann 7000 Euro.
Laut Städtetag muss Düsseldorf mit 150 000 Euro rechnen, statt bisher 25 000 Euro. Nach Medienberichten geht Duisburg von einer satten Verdopplung auf 100 000 Euro aus, Bielefeld gar von einer Verdreifachung auf 93 000 Euro.
Köln weiß laut Sprecherin Inge Schürmann noch nicht, welcher Betrag am Ende auf die Millionenstadt mit ihrer schwierigen Finanzlage zukommen wird, geht aber von einer drastischen Steigerung aus. „Wir müssen erst mal in Ruhe ermitteln und berechnen. Wir können es uns nicht leisten, ungeprüft Geld zu verpfeffern.“ Konkrete Beispiele der aktuellen Prüfung: „Ist der Friedhofsbagger relevant für die Abgabe? Was machen wir mit dem Container des Grünflächenamtes, ist das eine Betriebsstätte?“
Laut Städtetag sind viele Kommunen verärgert. Zwar sei außer Köln bisher kein anderer Fall bekannt, in dem eine Kommunen die Zahlungen aktuell verweigere. „Aber das kann sich natürlich in der nächsten Zeit noch ändern“, sagte der Sprecher. Der Ärger sei auch deshalb so groß, weil die Kommunen es nicht mit einem einmaligen bürokratischen Kraftakt zu tun hätten, sondern jede Änderung in der Verwaltung eine Neuberechnung der Abgabe bedeute. Auch der Bund der Steuerzahler und der Deutsche Kulturrat hatten Front gegen die Abgabe gemacht.
Unterstützung bekommt der neue Beitrag aber von der deutschen Produzentenallianz. Zwei Drittel des Umsatzes der Branche werde vom öffentlich-rechtlichen System beigesteuert, teilte die Allianz am Mittwoch mit. „Die Qualitätsprogramme von ARD und ZDF setzen Tag für Tag kulturelle Schwerpunkte, gehören zu den wichtigsten Eckpfeilern der kulturellen Identität Deutschlands und leisten wichtige Beiträge zur Meinungsvielfalt und Demokratie“, hieß es. Mit Sorge werde aber betrachtet, dass die Höhe des Beitrages in der jetzigen Gebührenperiode eingefroren bleibe. [dpa/hjv]
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