Der deutsche Video-on-Demand-Markt wächst, mit Netflix stößt in Kürze ein weiterer Anbieter dazu. RTL-Chefin Anke Schäferkordt fürchtet die Konkurrenz nicht, weiss aber um ihre Folgen. Denn durch Video-Portale verlieren klassische TV-Sender zunehmend an Exklusivität. Neue Strategien sind daher von Nöten.
Eigenproduktionen von Serien oder Spielfilmen werden für RTL langfristig immer wichtiger, um sich gegenüber Video-Plattformen wie Netflix, Maxdome oder Amazon Prime abzusetzen. Das sagte RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt am Donnerstag im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Die Sender würden in Zukunft immer weniger exklusive Inhalte aus den USA anbieten können.
Im September startet Netflix für bezahlte Video-Inhalte auch in Deutschland. Bereitet Ihnen der Start des US-Anbieters Kopfzerbrechen?
Anke Schäferkordt: Nein. Wir müssen nämlich genau schauen, in welchem Markt sich Netflix bewegen wird. Und da reden wir vom Markt für Bezahldienste. Unsere großen Free-TV-Sender wie RTL und Vox sind allein werbefinanziert. Große Teile unserer Programme sind im Internet über unsere On-Demand-Plattformen wie RTL Now abrufbar und ebenfalls werbefinanziert. Somit erwarten wir für die Nutzung unserer Inhalte keinen großen direkten Einfluss. Interessant wird zweifellos die Frage sein, wie sich Netflix auf die Angebote im Pay-TV auswirken wird, sowohl bei den linearen Sendern wie Sky als auch bei den nonlinearen Angeboten wie Maxdome, bei denen sich Zuschauer die Filme herunterladen können, wann sie möchten.
Der US-Markt ist dabei nicht mit Deutschland zu vergleichen. Hierzulande wird Netflix in einen Markt kommen, in dem es schon mehrere aktive Teilnehmer gibt wie eben Maxdome, Amazon Prime, Snap oder Watchever. Keines dieser nonlinearen Angebote hat allerdings bislang eine Größenordnung erreicht, bei der wir heute von einem tragfähigen Geschäftsmodell sprechen können.
Aber Netflix wird die Preise drücken!
Schäferkordt: Sicherlich ist Netflix ein sehr ernstzunehmender Wettbewerber für diese Plattformen. Und der bevorstehende Start zeigt ja bereits Auswirkungen auf die Preise. Sowohl Maxdome als auch Snap von Sky Deutschland haben kürzlich die Preise deutlich gesenkt.
Was ist mit dem Sehverhalten der Menschen im Zeitalter von Tablets?
Schäferkordt: Wir sehen natürlich, wie stark die nonlineare Nutzung von Fernsehinhalten steigt – insbesondere auf mobilen Endgeräten. Hier hat sich der Sehgenuss durch Tablets deutlich erhöht.
Mit Folgen für das starre Programm der Fernsehsender?
Schäferkordt: Hier erwarte ich kurzfristig keinen messbaren Einfluss auf die lineare TV-Nutzung. Aber es wird andere, eher langfristige Folgen geben: diese betreffen den Lizenzmarkt und die Frage, wie exklusiv sind Inhalte, die aus den USA stammen, noch für den deutschen Fernsehzuschauer. Und das betrifft sowohl Free- als auch Pay-TV- Sender.
Warum?
Schäferkordt: Der Mehrwert von US-Serien oder Spielfilmen für eine Sender-Marke ist dann weniger gegeben, wenn diese Inhalte zur selben Zeit auf diversen On-Demand-Plattformen zur Verfügung stehen. Somit wird das Thema Eigenproduktionen langfristig noch wichtiger, damit jeder Sender seine Alleinstellungsmerkmale hat.
Vielen Dank für das Gespräch.[Interview: Carsten Linnhoff/fm]
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