Immer wieder werfen Politiker die Frage auf, ob nicht der kleine ARD-Sender Radio Bremen eine Fusion mit dem großen NDR eingehen sollte. Die Radio-Bremen-Intendantin sieht mittelfristig keine finanziellen Effekte eines solchen Schrittes.
Eine Fusion von Radio Bremen mit dem größeren Norddeutschen Rundfunk (NDR) würde aus Sicht der Bremer ARD-Senderchefin Yvette Gerner mittelfristig keine positiven Finanz-Effekte bringen. „Der NDR müsste sehr lange Zeit mehr Geld aufwenden, uns zu integrieren, als es ein Nutzwert wäre“, sagte die 56-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Sie ergänzte zu Radio Bremen: „Wir produzieren zum Teil wirklich sehr günstig, unter anderem die günstigste Hörfunk-Minute in der ARD mit 7,35 Euro. Das ist halb so teuer wie der ARD-Durchschnitt.“ Bei den Tarifstrukturen sei man ebenso etwas unter Durchschnitt.
Fusion von Radio Bremen und NDR wird laut Gerner teuer
Bezogen auf die in der Medienpolitik immer wieder geführte Debatte, aus Spargründen kleinere ARD-Häuser mit größeren zu fusionieren, sagte Gerner: „Es gibt eine Sehnsucht nach einfachen Lösungen. Föderalismus als demokratisches Prinzip mag nicht einfach sein, hilft aber in einer vielfältigen Gesellschaft, weil man vielfältige Blickwinkel auf alles hat.“ Fusions-Debatten griffen da zu kurz. „Wir verlieren viel, gewinnen wenig.“
Die Finanzen bei Radio Bremen stehen immer wieder im Fokus, weil das kleinste ARD-Haus so wie der Saarländische Rundfunk (SR) von anderen ARD-Häusern finanziell unterstützt wird. Hintergrund ist, dass die Erträge in den jeweiligen Sendegebieten aus dem Rundfunkbeitrag für die beiden kleinen Sender nicht ausreichen. 2022 lagen die Rundfunkbeitragserträge für Radio Bremen bei annähernd 47 Millionen Euro.
Ziele der zweiten Amtszeit
Am Donnerstag wurde Gerner für eine zweite Amtszeit wiedergewählt, die im Sommer 2024 beginnt. Als Ziele zählte die Intendantin dies auf: „Es geht darum, weiter Kreativschmiede zu bleiben und Innovationen zu fördern. Wir wollen weiter sehr kooperativ vor allem in der ARD-Gemeinschaft unterwegs sein, aber auch hier mit Institutionen im Land.“ Zudem wolle man journalistische Kompetenz fördern. „Wir arbeiten in einer Zeit, die geprägt ist durch Desinformationskampagnen und zum Beispiel Bildmanipulation durch Künstliche Intelligenz, da braucht es eine immer neue Stärkung journalistischer Kompetenzen.“
Kein Ruhegeld-Anspruch mehr
Gerner wird in ihrer zweiten Amtszeit keine Ruhegeld-Regelung im Vertrag mehr haben. Der Verwaltungsrat habe bereits vor Jahren solche Regelungen für künftige Führungskräfte in dem ARD-Haus abgeschafft, man habe sich auch in ihrem Falle einvernehmlich darauf verständigt, kündigte die 56-Jährige an. „Das wird gestrichen.“
Gerner sagte zur Begründung: „Ich glaube, dass wir immer wieder schauen müssen, wie eine Gesellschaft uns sieht und man dann gut abgewogene Lösungen braucht.“ Im noch laufenden Vertrag hat die Intendantin nach eigenen Angaben eine Ruhegeld-Regelung.
In den vergangenen Monaten wurde die Debatte um Ruhegeld-Regelungen für Führungskräfte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk lauter. Hintergrund ist die Krise des ARD-Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) um Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung. Auch Ruhegeld-Regelungen für Führungskräfte gerieten dort in die Kritik.
Gemeint sind mit Ruhegeld-Regelungen im Wesentlichen Zahlungen, die jemand für einen gewissen Zeitraum bekommt, wenn der Vertrag bereits beendet ist.
Sparziele
Auf die Frage nach den Sparzielen erläuterte Gerner: „Sparen gehört bei uns zum Alltagsgeschäft, zum Beispiel sollen ab dem nächsten Frühjahr verstärkt Reporter Video-Beiträge selbst schneiden.“ Zudem werde es im nächsten Jahr eine gemeinsame technische Sendeabwicklung für mehrere ARD-Anstalten geben: Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) baue derzeit diese auf, künftig soll es eine gemeinsame Abwicklung für die Häuser von NDR, Radio Bremen und MDR geben.
Reform in den 2000ern
Bei Radio Bremen (RB) habe man in den 2000er Jahren bereits etwa über die Hälfte des festen Personals abgebaut. Der ARD-Sender habe damals eine tiefgreifende Reform vorgenommen. „Wir haben fast alle Programme im dritten TV-Programm aufgegeben. Die beiden Standorte wurden verkauft und ein kompaktes trimediales Medienhaus gebaut, außerdem wurden Geschäftsbereiche ausgegliedert und vieles mehr.“
Ende 2021 gab es nach Senderangaben 199 festangestellte Vollzeitstellen, die von rund 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt waren. Hinzu kamen im Jahr 2021 durchschnittlich 234 freischaffende Mitarbeiter. Im Durchschnitt weitere gut 240 Mitarbeiter waren für die Produktionstochter Bremedia tätig.
[Anna Ringle]
Bildquelle:
- YvetteGerner: © Radio Bremen/Matthias Hornung
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