Soll die Herkunft von Straftätern und Verdächtigen in den Medien immer genannt werden? Der Presserat hat dazu Regeln, nicht alle halten sich dran. Die Beschwerden sind aber zurückgegangen.
Ein Jahr nach der Reform des Pressekodex bleibt die Nennung von Nationalität oder Religion von Verdächtigen und Straftätern in den Medien umstritten, die Zahl der Beschwerden dazu ist aber zurückgegangen. „Wir halten weiter daran fest, dass wir Gruppen nicht mit Taten in Verbindung bringen wollen, die damit nichts zu tun haben“, sagte der Sprecher des Deutschen Presserats, Manfred Protze, am Mittwoch in Berlin. Diskriminierende Verallgemeinerungen sollten aber auf jeden Fall vermieden werden.
Seit März 2017 hat sich die Zahl der Beschwerden in Verbindung mit der Nennung der Herkunft potenzieller Straftäter deutlich verringert. Bis Dezember waren es 23 Fälle, im Vorjahreszeitraum noch 42.
Insgesamt erreichten die freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien 1788 Beschwerden, im Vorjahr waren es noch 1851. In 21 Fällen wurden Rügen verhängt, die schärfste Sanktion gegen die betroffenen Medien. Im Vorjahr hatte das Gremium noch 33 Rügen ausgesprochen.
Der Presserat hatte im März 2017 beschlossen, dass Zeitungen und Zeitschriften die Zugehörigkeit von Tatverdächtigen etwa zu ethnischen oder religiösen Gruppen nur bei „begründetem öffentlichen Interesse“ nennen sollten. Bis dahin sah der Kodex vor, dass die Nennung einem „begründeten Sachbezug“ zur Tat haben sollte. Die Änderung habe sich bewährt vor allem in Zusammenhang mit neuen Leitlinien, sagte Protze.
Auslöser einer Debatte über diese Frage waren unter anderem die Übegriffe in der Kölner Silvesternacht 2015/16 und die Festnahme eines Verdächtigen für die Tötung einer Studentin in Freiburg 2016.
Redaktionen müssten in jedem Fall abwägen, ob sie etwa in Polizeimeldungen die Herkunft eines Verdächtigen nennen wollten, sagte Protze. Ohnehin müsse die Presse Informationen nach ihrer Bedeutung auswählen. Wenn bestimmte Einzelheiten nicht genannt würden, heiße das nicht automatisch, dass damit gegen das Wahrheitsgebot verstoßen werde. Protze stellte aber klar: Eine angebliche Neugierde der Leser dürfe kein Maßstab sein.
Ohnehin sieht der Presserat in dieser Frage eine wachsende Konkurrenz der Pressestellen der Polizei, die etwa über Soziale Medien die Nutzer direkt erreichen. Ob die Polizei im Umgang mit solchen Fragen immer ihrer ethischen Verantwortung gerecht werde, sollten die zuständigen Innenminister der Länder klären.
Viele Beschwerden richteten sich im vergangenen Jahr gegen Berichte über Krisen und Konflikte, etwa gegen die Veröffentlichung von Fotos angeblich straffälliger Demonstranten beim G20-Gipfel in Hamburg. Der Presserat sieht dabei keinen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz, kritisiert aber, dass die abgebildeten Demonstranten damit an den Medienpranger gestellt würden. Nahezu die Hälfte der Rügen (9) wurden wegen Schleichwerbung etwa auf Online-Seiten verhängt.
[dpa]
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