Im Podcast-Markt in Deutschland tut sich was. Nach dem ersten großen Hype der vergangenen Jahre geht es jetzt mehr und mehr auch darum, die Audiosparte wirtschaftlich nach vorne zu bringen.
Man kann es hören: In Podcasts taucht gefühlt immer häufiger Werbung auf. Entweder sprechen die Moderatoren sie selbst ein oder es gibt sie – ähnlich wie im Radio – als eine Art Spot. Nach dem ersten großen Hype geht es in der Branche zunehmend um Wirtschaftlichkeit. Hierzulande setzen Unternehmen und Medienhäuser indes weiter auf den Ausbau des Podcasts-Angebots.
Beispiele aus den vergangenen Tagen: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erweiterte ihr digitales Angebot durch einen täglichen Podcast, eine Art Tagesüberblick zu Deutschland und der Welt. Der „Tagesspiegel“ in Berlin hat einen neuen Podcast – bei „Berliner & Pfannkuchen“ geht es um Sprachnachrichten von Politikern, Berlinern, Promis. Der True-Crime-Podcast „Macht & Millionen“ von Business Insider des Medienkonzerns Axel Springer will dieses Jahr ergänzend Live-Shows anbieten.
Spotify plant mehr Werbung
Die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse veröffentlichte vor Tagen neue Zahlen: Die Podcast-Nutzung wächst hierzulande. 36,9 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung haben schon einmal einen Podcast gehört – bei der vorigen Analyse waren es 29,3 Prozent gewesen. In der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen haben 50,7 Prozent schon einmal Podcasts gehört (zuvor 41,8 Prozent).
Ein weiteres Indiz dafür, dass der Podcast-Markt an Relevanz gewinnt, ist, dass die Arbeitsgemeinschaft seit kurzem monatliche Reichweiten einer Podcastauswahl von öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern auswertet und Vergleichbarkeit schaffen will – diese Zahlen sind für den Werbemarkt interessant.
Hört man sich in der Branche um, zählen Plattformen zu den Gewinnern der vergangenen Jahre im deutschen Podcast-Markt. Die schwedische Plattform Spotify, bei der man ein Abo abschließen und dann so viel Podcasts und Musik streamen kann, wie man will, ist seit zehn Jahren in Deutschland. Der General Manager Europe, Michael Krause, teilte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das Thema Werbung mit: „In den kommenden Monaten werden wir unser Advertising Team in Deutschland verstärken sowie die Palette an verfügbaren Werbeformaten erweitern und damit auf die Nachfrage von Werbetreibenden reagieren.“
„Deutschland traditionell sehr starker Markt für das gesprochene Wort“
Von 2012 bis 2021 hätten deutsche Hörer mehr als 450 Milliarden Mal Musik auf Spotify gestreamt, ergänzte Krause. Streaming sei ein wachsender Treiber der Musikindustrie. Zu Podcasts sagte er: „Deutschland ist traditionell ein sehr starker Markt für das gesprochene Wort.“ Von Januar 2017 bis Dezember 2021 hätten Hörer 1,3 Milliarden Stunden Podcasts auf Spotify gehört. Das Umfrage-Institut Yougov veröffentlichte vor einiger Zeit Medienkonsum-Zahlen. Demnach gaben im vergangenen Herbst 22 Prozent der erwachsenen Deutschen an, ein kostenpflichtiges Abonnement für Musik zu haben, welches sie wahrscheinlich im Folgejahr fortsetzen wollen.
Deutschland war der 13. Markt, den das Unternehmen Spotify für sich erschloss. Die USA und Großbritannien etwa waren vorher dran. Die meisten Länder kamen aber nach dem Markteintritt in Deutschland – Spotify ist heute in 184 Märkten aktiv. „Spotify verdient in erster Linie Geld aus zwei Quellen – über Spotify Premium Abonnements sowie über Werbeumsätze aus der werbefinanzierten Version“, sagte Krause. Lokale Zahlen für Deutschland nennt das Unternehmen nicht. Der Anteil der werbefinanzierten Umsätze an den Gesamteinnahmen weltweit erreichte im vierten Quartal 2021 demnach 15 Prozent. Spotify spricht von einem Rekordwert.
Eine interessante Bewegung im Markt kann man zurzeit auch bei RTL beobachten. Die TV-Gruppe will eine Art Superplattform bauen. Die derzeitige Streaming-Plattform RTL+, die sich auf Bewegtbild-Angebote mit Livestream der Fernsehsender, Streaming-Serien und Mediathek konzentriert, soll erweitert werden, zum Beispiel um Audio-Angebote. RTL zählt zum Bertelsmann-Portfolio.
RTL integriert wohl Audio Now in RTL+
Die Geschäftsführerin der Audio Alliance bei dem Konzern, Mirijam Trunk, hat die Audioaktivitäten mit der Podcast-Plattform Audio Now vorangetrieben. Rückblickend sagte sie: „Unsere Learnings waren einmal, dass der Markt, als wir reingegangen sind, noch nicht so groß war, wie viele Medienleute erwartet hätten. Alle dachten, Podcast ist schon riesig und dann schaute man auf die Zahlen…“. Der Markt habe sich inzwischen enorm positiv entwickelt. „Sowohl was Reichweiten, Formatebene und Vermarktungsumsatz angeht, verzeichnen wir enorme Steigerungen.“
Auf die Frage, ob sie sich einen Schub davon verspricht, dass die Podcast-Audiothek in die RTL-Superplattform integriert wird, sagte Trunk: „Die Skalierbarkeit einer reinen Podcast-App, wie es Audio Now ist, ist erreicht. Wir kommen an einen Punkt, an dem wir sehen: Die reine App ist ein beschränkter Kosmos.“ Sie glaube, dass Podcast und zum Beispiel Musik eine natürliche Verbindung sei, die den Nutzern die Hürde nehme, für den Lieblingspodcast die sonstige Audiowelt verlassen zu müssen.
Zu den nächsten Trends bei Podcast und Musik sagte Trunk: „Der Werbemarkt wächst weiter. Das bedeutet, dass wir noch bessere und hochwertigere Produktionen machen können. Die werden sich künftig refinanzieren können, weil Werbekunden sehen, dass die guten Produktionen einen Mehrwert bieten.“
[Anna Ringle]
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