Die Aufregung um den neuen Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gerät zur Farce. Nach der umstrittenen Berufung eines 24-Jährigen aus dem Umfeld der Regierungspartei SPÖ hat sich jetzt der Präsident des österreichischen Journalistenverbands ÖJC, Fred Turnheim, als Gegenkandidat beworben und ruft Kollegen auf, es ihm gleichzutun.
ÖJC-Präsident Fred Turnheim, nach 36 ORF-Dienstjahren als Redakteur und Reporter im vergangenen Jahr vom ORF „zwangspensioniert“, kommentierte seine Bewerbung am Montag ironisch: „Ich freue mich wieder für den ORF arbeiten zu dürfen, dem ich in den vergangenen Jahrzehnten treu gedient habe. Mit meiner Berufserfahrung bin ich sicher bestens für den Job als Leiter des Büros des Generaldirektors geeignet“.
„Nur die oder der beste Journalistin/Journalist des Landes ist für diese wichtige Position im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geeignet“, erklärte Turnheim weiter. Deshalb ersuchte der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC) in Casting-Show-Manier alle interessierten Kollegen, sich zu bewerben: „Es geht ganz einfach. Senden Sie Ihr Bewerbungsmail mit Lebenslauf an die Mailadresse personal@orf.at. Der ORF hat Vertraulichkeit zugesichert“.
Turnheim reagierte damit auf die geplante Bestellung von Niko Pelinka zum Büroleiter von Wrabetz, die zur Jahreswende einen politischen Eklat produziert und viele kritische Stimmen auf den Plan gerufen hatte (DIGITALFERNSEHEN.de berichtete). Pelinka sicherte als Leiter des sogenannten „Freundeskreises“ der Regierungspartei SPÖ im Stiftungsrat die Wiederwahl von Wrabetz. Seine Berufung gilt daher als politische Gefälligkeit. Auch Kirchenvertreter im Publikums- und Stiftungsrat bezeichneten die Berufung als „nicht vernünftig“.
Turnheim hatte bereits am vergangenen Donnerstag kritisiert, Wrabetz gefährde „mit seinem parteipolitisch motivierten Bestellungen von Direktoren und anderen Führungskräften“ das Ansehen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt in der Bevölkerung. Der ÖJC solidarisiere sich daher mit der Resolution der ORF-Redakteure. „Das Postengeschacher im ORF ist dem Unternehmen unwürdig“, so Turnheim weiter.
Für Verwirrung sorgte unterdessen, dass am Mittwoch eine Ausschreibung für den Posten des Büroleiters in der „Wiener Zeitung“ veröffentlicht wurde, den Wrabetz bereits zu Wochenbeginn öffentlich Pelinka versprochen hatte. Die Ausschreibung habe er bereits in der vergangenen Woche veranlasst, rechtfertigte sich Wrabetz gegenüber der Nachrichtenagentur APA. Klar sei aber auch, dass es bei der Besetzung auf ein persönliches Vertrauensverhältnis ankomme. [ar]
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