
Leipzig – Im Unterschied zu den Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland, verschlüsselt der ORF seine Satellitenausstrahlung. Über die Verschlüsselung von TV-Inhalten beim ORF sprach DIGITAL FERNSEHEN mit Pius Strobl, Leiter Marketing und Kommunikation in der Generaldirektion des Österreichischen Rundfunks (ORF).
Auch beim Rechteeinkauf gibt es Unterschiede zu ARD und ZDF: „Tatsache ist, dass wir einen über Österreich hinaus gehenden Rechteerwerb weder finanzieren noch begründen könnten. Als Faustregel könnte man annehmen, dass der ökonomische Unterschied Kauf ‚Österreichrechte‘ zu ‚deutschsprachiger Raum‘ in etwa bei 1 : 10 liegt“, sagt Strobl.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Strobl, Sie senden komplett verschlüsselt. Warum?
Pius Strobl: Das stimmt so nicht. Wir senden terrestrisch unverschlüsselt, via Digitalsatellit müssen wir verschlüsseln, weil sich die DVB-S-Abstrahlung nicht auf Österreich begrenzen lässt. Denn der ORF ist als öffentlich-rechtlicher Programmanbieter zu allererst dem österreichischen Publikum verantwortlich, das den ORF über seine Beiträge ja auch finanziert.
Lizenzrechte für Österreich sind natürlich um vieles günstiger zu erwerben als Welt- oder Sprachraumrechte. Abgesehen davon, dass der ORF als kleiner regionaler Anbieter Rechte für den deutschsprachigen Raum für alle seine Programme gar nicht finanzieren könnte, wäre es auch wirtschaftlich gar nicht sinnvoll, da wir gesetzlich außerhalb von Österreich auch keine Geschäftstätigkeit entwickeln dürfen.
Daraus folgt: In ganz Österreich können die ORF-TV-Programme – wie selbstverständlich auch die Radioprogramme – frei und unverschlüsselt empfangen werden. Benötigt wird lediglich eine DVB-T-Antenne.
DF: Welche Vorteile bietet eine Sat-Verschlüsselung?
Strobl: Wir tun dies aus Gründen, die sich aus dem Rechte- und Lizenzgeschäft ergeben. Die Verschlüsselung wird von unseren Kundinnen und Kunden, die sich sehr gut auf die neuen Möglichkeiten des digitalen Satelliten-Empfangs eingestellt haben, auch sehr gut angenommen. Wir bieten dazu ein umfassendes Serviceangebot mit eigenem Call-Center, eigener Website und umfassender Information.
DF: Wie bewerten Sie, dass die deutschen Öffentlich-Rechtlichen ihre Programme unverschlüsselt ausstrahlen?
Strobl: Aus meiner Sicht spielt hier das unterschiedliche Refinanzierungspotenzial des deutschen und des österreichischen Marktes eine wesentliche Rolle. In Österreich gibt es 3,2 Millionen TV-Haushalte, in Deutschland mehr als 30 Millionen. Der ORF verfügt im Jahr über rund 500 Millionen Gebühreneinnahmen, die ARD beispielsweise über fast sieben Milliarden. Unsere Budgets lassen eine unverschlüsselte Satellitenausstrahlung einfach nicht zu.
Abgesehen davon, ist wohl in der Regel der Erwerb der „Deutschlandrechte“ ökonomisch gleichbedeutend mit dem Erwerb für den deutschsprachigen Raum, was sich auch wiederum aus den Ländergrößen ergibt.
DF: Sparen Sie durch die Sat-Verschlüsselung Ihrer Programme Geld ein? Wenn ja, wie viel? Wenn nein, warum verschlüsseln Sie?
Strobl: Das Wort „Ersparnis“ trifft den Kern nicht. Tatsache ist, dass wir, wie bereits erwähnt, einen über Österreich hinaus gehenden Rechteerwerb weder finanzieren noch begründen könnten. Als Faustregel könnte man annehmen, dass der ökonomische Unterschied Kauf „Österreichrechte“ zu „deutschsprachiger Raum“ in etwa bei 1 : 10 liegt.
DF: Ist es das Anliegen der Rechteanbieter, zum Beispiel von Fußball-Events, dass der ORF seine Programme verschlüsselt ausstrahlt?
Strobl: Wie bereits beschrieben, wäre es wirtschaftlich gar nicht sinnvoll, da wir gesetzlich außerhalb von Österreich auch keine Geschäftstätigkeit entwickeln dürfen. Selbstverständlich legt jeder Rechteinhaber zudem Wert darauf, dass seine Rechte nur in jenen Räumen zum Einsatz kommen, für die auch bezahlt wurde. Das ist im übrigen die Basis und Geschäftsgrundlage des „Rechtehandels“.
DF: Herr Strobl, vielen Dank für das Gespräch. [ar]
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