NS-Verstrickung: ZDF-Gründungsintendant hat Lebenslauf frisiert

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Karl Holzamer
© ZDF/Georg Meyer-Hanno

Am 1. April feiert der Sender sein 60. Jubiläum: Das ZDF hat kurz zuvor aufgrund neuer Recherchen zu Verstrickungen des Gründungsintendanten Karl Holzamer (1906 bis 2007) im Nationalsozialismus die biografischen Angaben auf der Senderwebseite abgeändert.

Der öffentlich-rechtliche Sender veröffentlichte am Dienstag zudem eine Untersuchung zum Lebenslauf des ersten Senderchefs, der 1962 bis 1977 im Amt war. Das ZDF mit Sitz in Mainz teilte mit, dass der Gründungsintendant „falsche Angaben über seine Biografie während der NS-Zeit gemacht“ habe.

Erster ZDF-Intendant fälschte Lebenslauf

Holzamer soll etwa eine zeitweilige Zugehörigkeit zur SA – das war die paramilitärische Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP – verschwiegen und seine von 1937 bis 1945 bestehende NSDAP-Mitgliedschaft auf eine 1937 eingegangene und 1939 angeblich selbstständig aufgelöste Anwartschaft reduziert haben.

Der aktuelle ZDF-Intendant Norbert Himmler sagte: „Das Gesamtbild, das Karl Holzamer von sich gezeichnet hat, hält der historischen Wahrheit nicht stand.“ Seinen Verdiensten in der Zeit nach dem Krieg, als Hochschullehrer der neu eröffneten Mainzer Universität und als erster Intendant des ZDF, stünden Verstrickungen in das NS-Regime gegenüber, „die er teils verschwiegen und teils uminterpretiert hat“.

Holzamer war in der SA

Die Untersuchung hat das ZDF nach eigenen Angaben selbst durchgeführt und die Erkenntnisse anschließend dem Historiker Martin Sabrow für eine wissenschaftliche Einordnung zugänglich gemacht. In dessen gutachterlicher Stellungnahme steht: „Karl Holzamer hat nach 1945 wesentliche Aspekte seiner politischen und weltanschaulichen Haltung in der NS-Zeit nicht wahrheitsgemäß dargestellt.“

An anderer Stelle heißt es zugleich: Die Einschätzung der politischen Belastung Holzamers stehe unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit. „Zu ihrer vollständig abgesicherten Substantiierung wären weitergehende Untersuchungen erforderlich, die Holzamers politische Haltung und publizistische Laufbahn während der NS-Zeit und insbesondere sein Wirken als Rundfunkreporter und Kriegsberichterstatter noch genauer in den Blick nehmen – und zum anderen Holzamers eigenen Umgang mit seiner Vergangenheit nach 1945 gegenüber alliierten und deutschen Behörden ebenso wie in seine privaten wie öffentlichen Selbstzeugnisse weiter zu vertiefen hätten.“

Das ZDF feiert in diesem Jahr den eigenen Sendestart vor 60 Jahren. Bei den Vorbereitungen hatte das ZDF-Unternehmensarchiv die biografischen Angaben geprüft, wie der Sender weiter erläuterte. Es seien Abweichungen festgestellt worden. Daraufhin sei eine interne Recherche beauftragt worden, bei der neben dem ZDF-Archiv auch Bestände staatlicher Archive wie zum Beispiel Bundesarchiv genutzt worden seien. Laut ZDF tauchten so neue Hinweise und Fakten auf, die die Mitgliedschaften Holzamers betreffen.

Thema in den „heute“-Nachrichten

Das ZDF will am Dienstag in den Hauptnachrichtensendung „heute“ um 19 Uhr und „heute journal“ am späteren Abend über den Fall berichten.

Lesen Sie bei Interesse ebenfalls den DIGITAL FERNSEHEN-Kommentar „ZDF plant Soziales Netzwerk: Das Ende der Meinungsfreiheit?“ vom vergangenen Wochenende.

Bildquelle:

  • df-karl-holzamer: ZDF
16 Kommentare im Forum
  1. Das ist schon klar. Aber sie wollen es halt aufarbeiten. Wie viele aus der NS Zeit haben privat wirtschaftlich oder in Ämtern Posten bekleidet? Dergleichen auch von Ex Stasi Leuten..
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