Der Abhörskandal in Großbritannien erschüttert das Medienimperium News Corp von Rupert Murdoch bis ins Mark. Nun tritt schon der zweite Spitzenmanager zurück – diesmal in den USA.
Medienmogul Rupert Murdoch verliert eine weitere wichtige Führungsfigur in seinem milliardenschweren Imperium News Corp Mit Les Hinton tritt der Chef der Tochterfirma Dow Jones zurück, deren Aushängeschild das „Wall Street Journal“ ist. Hinton hatte über zwölf Jahre die britische News-Corp-Verlagstochter News International geleitet, zu der auch das Skandalblatt „News of the World“ bis zu seiner Einstellung gehörte.
Reporter der Sonntagszeitung haben den bisherigen Erkenntnissen zufolge systematisch die Telefone von Prominenten, Politikern und Verbrechensopfern abgehört. Die Vorfälle fallen in jene Zeit, in der Hinton den Verlag in Großbritannien führte und auch erste Details ans Licht kamen. „Als ich News International im Dezember 2007 verlassen habe, dachte ich, der faulige Teil der „News of the World“ wäre ausgemerzt“, sagte Hinton am späten Freitag (Ortszeit).
„Es spielt keine Rolle, dass ich nicht wusste, was da vermutlich passiert ist“, erklärte er weiter in einer Mitteilung. „Unter diesen Umständen ist es meiner Ansicht nach angemessen, aus der News Corp auszuscheiden und mich bei allen zu entschuldigen, die von den Aktionen der „News of the World“ verletzt wurden“. Hinton beteuerte, vor Untersuchungsausschüssen in Großbritannien 2007 und 2009 die Wahrheit gesagt zu haben. Ihm sei nur ein Einzelfall bekanntgewesen.Schadensbegrenzung: Murdoch trifft sich mit Eltern von toter Milly
Der 80-jährige Medienmogul Murdoch sagte, er sei „sehr traurig“, dass Hinton nach 52 gemeinsamen Jahren aus der News Corp ausscheide. Nur Stunden zuvor hatte Murdoch die britische Verlagschefin Rebekah Brooks nach massivem öffentlichen Druck ziehen lassen müssen. Brooks war bis zum Jahr 2003 Chefredakteurin von „News of the World“ und später des zweiten britischen Murdoch-Boulevardblattes „The Sun“. Auch Murdochs Sohn James, der das Europageschäft leitet, steht in der Kritik.
Die Rücktritte kamen an einem Tag, an dem Murdoch sich zum einen bei den Opfern der Abhöraktionen in Großbritannien entschuldigte, an dem zum anderen aber auch Ermittlungen der US-Bundespolizei FBI ihren Lauf nahmen. Die Polizisten gehen dem Verdacht nach, dass News-Corp-Mitarbeiter auch die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 abgehört haben könnten. In Australien stehen Murdoch-Medien ebenfalls unter verschärfter Beobachtung.
Derweil bemüht sich Murdoch um Schadensbegrenzung. Er hat sich in einem Hotel in der Londoner Innenstadt mit den Angehörigen der ermordeten Milly Dowler getroffen. Wie die britische Agentur PA am Freitag weiter berichtete, habe sich Murdoch für das entschuldigt, was „News of the World“-Mitarbeiter der Familie angetan haben.James Murdoch schaltet Entschuldigungsanzeigen
Es sei ein privates Treffen von Murdoch mit Eltern und Schwester der getöteten Milly Dowler gewesen, um das der Medienzar gebeten hatte. Murdoch habe sich mehrfach demütig und aufrichtig bei der Familie entschuldigt, hieß es. „Er bat um Entschuldigung und sagte, das hätte nicht passieren dürfen“, sagte der Anwalt der Familie Dowler, Mark Lewis, nach dem Treffen.
Millys Eltern hatten ein Treffen mit den Verantwortlichen der „News of the World“ verlangt, seit ans Licht gekommen war, dass Journalisten der Zeitung die Mailbox ihrer entführten Tochter angezapft hatten. Die Journalisten hatten sogar Nachrichten gelöscht, um Platz für neue zu machen, während das Mädchen vermisst wurde. Dadurch hatte die Familie sich falsche Hoffnungen gemacht, dass ihre entführte Tochter noch am Leben sei.
Die Schülerin Milly Dowler war 2002 im Alter von 13 Jahren entführt und ermordet worden. Die Angehörigen des getöteten Mädchens hatten sich in dieser Woche bereits mit Premierminister David Cameron und anderen Spitzenpolitikern getroffen. Der Fall hatte letztlich den Ausschlag dafür gegeben, dass die gesamte Affäre ans Licht kam.
Der Murdoch-Konzern will im Abhörskandal auch die britische Nation um Entschuldigung bitten. Europachef James Murdoch kündigte an, in den Wochenendausgaben aller landesweit erscheinenden Zeitungen würden Anzeigen geschaltet. „Das Unternehmen hat Fehler gemacht“, schrieb der Sohn des Medienmoguls in einer Notiz an die Mitarbeiter von News International.
[dpa/ar]
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