Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Teil des Europarats in Straßburg, hat in einem neuen Leitbericht den Stand der Must-Carry-Bestimmungen für öffentlich-rechtliche Sender analysiert. Gemäß der Must-Carry-Regelungen könnten Rundfunknetze, die zur Übertragung verpflichtet sind, auch ein Entgelt erwarten. Allerdings seien die Regelungen auch „technologieneutral“ für alle Übertragungswege auszulegen.
In Deutschland wird nach der Kündigung der Einspeiseverträge mit den großen Kabelnetzbetreibern von Seiten der ARD und des ZDF seit Monaten über die Must-Carry-Regelungen gestritten. Jetzt hat die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle, Teil des Europarats in Straßburg, den Stand der Must-Carry-Bestimmungen für öffentlich-rechtliche Sender in einem neuen Leitbericht, der am 1. Oktober 2012 veröffentlicht wurde, analysiert. Die Autoren des Beitrags Nico van Eijk und Bart van der Sloot, vom Institut für Informationsrecht (IViR) in Amsterdam, konzentrieren sich darin auf Artikel 31 der EU-Universaldiensterichtlinie sowie auf bestimmte Präzedenzfälle aus der europäischen Rechtsprechung.
Ihre Analyse beginnen sie mit einer Kurzdefinition der Grundlagen gesetzlicher Must-Carry- und Must-Offer-Bestimmungen. Demnach zielt Must-Carry darauf ab, für die vorgegebenen Sender den Zugang zu bestimmten Rundfunknetzen zu garantieren. Must-Offer zielt im Gegensatz dazu darauf ab, dass die betreffenden Sender ihrerseits auch die Verpflichtung haben, ihre Inhalte den Netzen zur Verfügung zu stellen, nicht zuletzt um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit vieler Verteilernetze zu gewährleisten.
In ihrer Zusammenfassung der Hauptbestandteile der EU-Universaldienste-Richtlinie erläutern die Autoren anschließend, dass Übertragungspflichten „nur Rundfunknetzen auferlegt werden können, die das Hauptmittel zum Empfang von Hörfunk- und Fernsehsendungen für eine erhebliche Anzahl von Endnutzern darstellen“. Darüber hinaus, und dieser Punkt dürfte besonders im Hinblick auf den Streit um die Einspeisegebühren in Deutschland interessant sein, „können Netze, die durch gesetzliche Must-Carry-Bestimmungen zur Übertragung bestimmter Sender verpflichtet sind, ein Entgelt von diesen Sendern erwarten“.
Das Entgeld müsse dabei jedoch „diskriminierungsfrei, transparent und verhältnismäßig“ sein. Auch weisen die Autoren darauf hin, dass die Must-Carry-Regelung gemäß der Richtlinie „technologieneutral“ ist. Das bedeutet, dass sie in gleichem Maße auf Satellitenrundfunknetze, terrestrische Rundfunknetze, Kabelnetze und IPTV anwendbar ist. Die gesetzlichen Regelungen würden sich dabei jedoch nur auf die vorhandenen Verteilerkapazitäten erstrecken und nicht auf die Inhalte selbst. [ps]
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