Netflix-Chef: „TV-Unternehmen sind wie Faxgeräte“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Die re:publica in Berlin ist eröffnet, den ersten großen Auftritt hatte Netflix-Chef Reed Hastings. Er erzählte nicht nur ausgiebig von der eigenen Erfolgsgeschichte, sondern blickte auch in eine Zukunft, in der TV-Anstalten nur überleben werden, wenn sie sich den Sehgewohnheiten der Nutzer anpassen.

„Das hat uns fast das Genick gebrochen“, sagt Reed Hastings während seiner Rede auf der Digitalkonferenz re:publica. Gemeint ist ausgerechnet das Setzen auf die heutige Netflix-Kerndisziplin, den Streamingdienst. 2010 erhöhte man die Preise wegen der Finanzkrise von zehn auf 16 Dollar und wäre daran fast gescheitert. Der Turnaround kam mit der 100-Millionen-Dollar-Risiko-Investition „House of Cards“. Die Politserie mit Kevin Spacey wurde zum Welterfolg, Staffel 4 ist in Arbeit. Auf die dritte Season müssen deutsche Netflixnutzer aktuell noch warten, die Rechte liegen bei Sky. Zu dem Lizenzenwirrwarr möchte Hastings gar nicht allzuviel sagen. Heute ist Netflix der größte Video-On-Demand-Anbieter der Welt, Tendenz weiter steil steigend. Ende 2016 will man überall auf der Welt verfügbar sein.

Netflix und re:publica, das passt gut zusammen. Die Konferenz ist ein wichtiger Gradmesser für die digitale Wirtschaft, ein Mann wie Reed Hastings wird wie ein Popstar gefeiert. Und Netflix weist den Blick in die TV-Zukunft. CEOs amerikanischer Konzerne sind selten verlegen um mutige Zukunftsaussagen, Hastings reiht sich da wunderbar ein. „Nur TV-Anstalten, die sich anpassen, werden überleben.“ In 20 Jahren werde es überhaupt nur TV-Anstalten geben, die sich mit dem digitalen Wandel auseinander gesetzt haben, so Hastings im Interview mit dem „Standard“.
 
Die Aussage ist nicht neu, findet bei einem vorwiegend jüngeren Zielpublikum wie auf der re:publica aber noch einmal viele neue Befürworter. Mit klassischem Fernsehen hat Netflix nichts am Hut, das wird auch so bleiben. Hastings vergleicht in seiner re:publica-Rede lineares Fernsehen mit Faxgeräten: Früher haben die mal gut funktioniert, heute sind sie eher ein Thema für Nostalgiker.
 
Netflix hat dagegen eine rosige Zukunft vor sich, auch wenn langsam, aber sicher der „Spotify-Effekt“ greift. Andere Produktionsfirmen wollen dem Branchenriesen keine Inhalte mehr überlassen. Hastings sieht das nach außen hin entspannt, auch wenn er sich ganz sicher nicht darüber freut und verweist selbstbewusst auf eigene, hochkarätige Produktionen, die immer hochkarätiger werden sollen. „Die besten Formate kommen erst noch“, sagt er. Eine durchaus mutige Aussage, die dann von einem amerikanischen CEO aber doch nicht wirklich überrascht. [chp]

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38 Kommentare im Forum
  1. Hat der Mann schon mal was von HbbTV gehört? Die ÖR und ein paar Private haben schon lange Mediatheken und über HbbTV die Angebote als VoD im Angebot. Und bei den ÖR-HbbTV muss ich nicht mal meine persönlichen Daten angeben.
  2. AW: Netflix-Chef: "TV-Unternehmen sind wie Faxgeräte" Ja, was soll der anderes sagen?!? Ich denke aber lineares TV wird noch lange erhalten bleiben. Alleine weil es "redaktionell" aufbereitet ist. Diese "Arbeit" will/kann sich nicht jeder machen. Punktuell wird die Videothek eben immer mehr Möglichkeiten haben, sei es per Abruf oder PayTV, die es in der Richtung schwer haben, weil immer mehr sich ihre TV Zeiten selber aussuchen wollen. Das geht eben nur mit PVRs oder anderen Techniken.
  3. AW: Netflix-Chef: "TV-Unternehmen sind wie Faxgeräte" lasst mal die Rentnergeneration wegsterben (und selbst die flixen schon)... schaut euch doch mal um... ich bin 40. Selbst ich flixe fast nur noch... Meine Frau 33, die ebenfalls. das lineare TV wird verschwinden, nicht kurzfristig, aber davon spricht ja auch niemand. Unterhaltet euch mal mit der next Generation... da komme ich schon nicht mehr mit. das TV wird sich komplett verändern, da kannst du bei den ÖR auch mit HBBTV nix mehr anfangen. Deutsches "Qualitätsfernsehen" (extra in Gänsefüßchen gesetzt) wird die nächste Generation immer weniger interessieren. Wir deutschen meinen ja eh sowieso immer das beste zu machen, auch bei den ÖR´s, in Deutschland gehen die Uhren immer noch viel langsamer, das stimmt. Wenn sich die ARD und wie sie alle heißen nicht bald was neues einfallen lassen wird's eng. Irgendwann. Dazu kommt das viele in D eh gegen ALLES sind was neu ist. Alles Teufelswerk :-), alles Schrott, Hauptsache Tatort und Rosamunde Pilcher, das ist echtes Quali-TV, Traumschiff nicht vergessen (und früher war eh alles besser) hahahaha Kurz gesagt: Mr. Hastings hat Recht !
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