In einem aktuellen Interview hat NDR-Fernsehspielchef Christian Granderath betont, dass Til Schweiger nicht wegen der Quote als neuer „Tatort“-Kommissar verpflichtet wurde. Außerdem äußerte sich Granderath zum Problem der fehlenden jungen Zuschauer bei den Öffentlich-Rechtlichen.
Im Interview mit „Spiegel Online“ erklärte Granderath, dass die Verpflichtung von Schweiger im Hinblick auf die Quoten keine „sichere Nummer“ sei. Es gehe nicht allein um die Steigerung der Zuschauerzahlen. Zeitlich begrenzt habe der Sender den Einsatz von Schweiger aber nicht. Wenn es nach dem NDR geht, könne der deutsche Schauspieler und Regisseur „gerne auch noch im Jahr 2068 in Hamburg ermitteln“.
Auf die Frage, ob Mehmet Kurtlus, der am heutigen Sonntag zum vorletzten Mal für den „Tatort“ ermitteln wird, aus Quotengründen den Hut nehmen musste, antwortete der NDR-Fernsehspielchef, dass der Norddeutsche Rundfunk mit ihm weitergemacht hätte. Allerdings sei Kurtulus aus freien Stücken gegangen. Er räumte allerdings ein, dass der türkische Hintergrund des Darstellers dem großen Erfolg im Weg gestanden habe. Dennoch würde Granderath unabhängig von der Quote „immer wieder“ einen türkischstämmigen Ermittler einsetzen, „wenn es passt“.
Im Hinblick auf die Problematik der fehlenden jungen Zuschauer bei ARD und ZDF betonte er, dass es sehr schwer sei, mit einem öffentlich-rechtlichen Drama, „egal wie gut und wie jugend-affin“ es ist, jüngere Zuschauer zu erreichen. Dem jüngeren Publikum gehe es vor allem um Klum, Bohlen und Co. Außerdem würden sich jüngere Zuschauer kaum an das klassische Fernsehen binden, sondern sich ihre Programme, auch öffentlich-rechtliche, anderweitig besorgen. Des Weiteren seien sie mit RTL und Scripted Reality sozialisiert. „Teens und Twens fliegen für öffentlich-rechtliche Fernsehmacher zu häufig unter dem Radar“, erklärte er in dem Interview.
Er sehe die Chance, mit einer stärkeren Fokussierung auf Genres wie Komödien und Thrillern mehr junge Zuschauer für sich zu gewinnen. Die Öffentlich-Rechtlichen dürften keine Angst vor Relevanz und provozierenden Themen haben und müssten „auch mal die Wände wackeln lassen“. [rh]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com