„DVB-CPCM ist aus heutiger Sicht eingestellt“, sagt Holger Ippach, SVP Sales & Operations NCE bei Nagravision, zum von ARD und ZDF favorisierten Kopierschutz für ihre hochauflösenden Ausstrahlungen. Als Alternative sieht er das umstrittene CI Plus.
Waren Ihnen entsprechende Planungen von ARD und ZDF und die Durchführung konkreter technischer Tests seitens der IRT bekannt?
Ja, als DVB-Mitglieder nahmen ZDF und IRT in der 10 jährigen Arbeit zur Definition der CPCM Spezifikationen teil.
Ist CPCM aus Ihrer Sicht das geeignete Instrument, um illegale Kopien der bei ARD und ZDF ausgestrahlten hochauflösenden Inhalte zu unterbinden?
CPCM ist eine Kopierschutzmethode für den Heimbereich, nicht für die Rundfunkanbindung (Broadcast Downlink). Um den geschützten Stream an den Haushalt zu senden, ist ein CAS notwendig, CPCM kann diese Notwendigkeit nicht bedienen. CPCM würde nur solche Geschäftsmodelle unterstützen, welche auf einem Kopierschutz zwischen mehreren Endgeräten eines Haushalts basieren.
Die DVB-CPCM Spezifikationen (publiziert durch die ETSI) ist nutzlos ohne eine „CPCM Licensing and trust Authority“ (Zertifizierung) und ein „Compliance and robustness regime“ (Umsetzung und Folgebereitschaft). Bemühungen, diese in den vergangenen drei Jahren zu installieren, sind gescheitert.
Alle grundsätzlich interessierten Unterhaltungselektronikhersteller lehnten CPCM aufgrund seiner Komplexität letztlich ab. Heutzutage sind die CPCM-Spezifikationen nicht brauchbar und es gibt auch keine Instanz, welche gewillt ist, die riesige Investition in solch ein Regime zu finanzieren. Unterhaltungselektronikhersteller sind nicht daran interessiert, CPCM zu implementieren. Die CPCM-Spezifikationen wurden auf Grundlage von Anforderungen aus dem Jahre 2000 definiert, vor zehn Jahren.
Können Sie die Argumentation der Öffentlich-Rechtlichen nachvollziehen, wonach die Einführung des CPCM-Systems aufgrund der Vorgaben der Rechteinhaber unumgänglich ist?
Die Verschlüsselung der Inhalte ist unumgänglich. Die Nutzung von CPCM ohne Verschlüsselung wird das Problem nicht lösen. Das Schlüsselproblem dabei ist es zu verhindern, dass der Nutzer Zugriff auf unverschlüsselte HD-Inhalte erhält. Das kann nur durch Verschlüsselung erreicht werden. Auf Wunsch von ARD/ZDF und der EBU enthielt CPCM eine Möglichkeit zu signalisieren, dass etwas nicht kopiert werden darf („do not copy“-flag), ohne es zu verschlüsseln.
Das ist dem Broadcast Flag in den USA ähnlich. Es zielt auf die Verhinderung von Kopiervorgängen innerhalb kompatibler Endgeräte, aber nichts und niemand hindert nicht kompatible Geräte daran, das „do not copy“-Flag zu ignorieren und das Signal abzugreifen. CPCM ist keine Lösung, da diese Technologie ungeeignet und teuer ist. CPCM ist aus heutiger Sicht eingestellt. Die Verschlüsselung von Inhalten ist der einzige Weg die Anforderungen der Studios umzusetzen.
Welche Nachteile hätte CPCM aus Ihrer Sicht für den Zuschauer?
CPCM ist komplex, für Anwender schwer zu verstehen sowie für Broadcaster und Elektronikhersteller schwer zu managen. Noch wichtiger ist der Fakt, dass es nirgendwo existiert. Es ist außerdem nur im Heimbereich einsetzbar, nicht am Downlink des Broadcaster.
Welche Alternativen zu CPCM sehen Sie? Sollten ARD und ZDF nach Vorbild des ORF eher auf eine klassische Grundverschlüsselung setzen, um auf bestehende Standards wie CI und CI-Plus zurückgreifen zu können?
Die klassische Grundverschlüsselung auf Basis von CI Plus mit einem grundlegenden Verschlüsselungsschema ist die einzige sinnvolle Antwort. CI Plus ermöglicht den Schutz der über Rundfunk und Breitband verbreiteten Inhalte während der Übertragung, kontrolliert gleichzeitig die Verwendung und verhindert unberechtigte Kopien. CI Plus erfordert außerdem die Zertifizierung des Endgerätes und erfüllt somit die Anforderungen der Studios. Beides, unabhängige Kontroll- und Zertifizierungsinstanzen, sind bereits in diversen Märkten etabliert und arbeiten erfolgreich.
Vielen Dank für das Gespräch.
Weitere Reaktionen aus Politik und Medienbranche zu den DVB-CPCM-Plänen der öffentlich-rechtlichen Sender lesen Sie in der aktuellen DIGITAL FERNSEHEN 2/2011. Das Heft ist überall am Kiosk, im Online-Shop und auch im Abo erhältlich. Die technischen Hintergründe zu DVB-CPCM haben wir online für Sie zusammengefasst.[ar]
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