Nach den Anschlägen von Nizza und Würzburg sowie dem Militärputsch in der Türkei steht wieder einmal die Frage im Raum, ob Deutschland einen öffentlich-rechtlichen Nachrichtensender braucht.
Kritik an der Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen ist nicht Neues. Nach der Absage des Fußball-Länderspiels letzten November hatten ARD und ZDF zunächst nur seichte Serien gesendet und dafür reichlich Kritik geerntet. Als sich am Freitag der Putschversuch in der Türkei abzeichnete, regierte man prompt und unterbrach die „Tatort“-Wiederholung am späten Abend für eine Breaking-News. Vielen Zuschauern ist das nicht genug, die Berichterstattung wird als zu langsam kritisiert, schnelle Informationen würden vor allem die sozialen Medien liefern.
Gerade in Krisenzeiten wie nach dem Putschversuch in der Türkei oder den Anschlägen von Nizza und Würzburg werden Forderungen nach einem öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal laut, der die Zuschauer rund um die Uhr auf dem aktuellsten Stand hält. Einer Meinung, der sich auch Ulrich Deppendorf, bis zum Mai 2015 Leiter des ARD-Hauptstadt-Studios, anschließt. „Tagesschau24 oder Phoenix müssen endlich 24hNews Channel werden!! Linear, digital und online!!“, schrieb er am Sonntag auf Twitter.
Tagesschau24 oder Phoenix müssen endlich 24hNews Channel werden!! Linear, digital und online!!
— Ulrich Deppendorf (@DeppendorfU) 17. Juli 2016
Dem „Tagesspiegel“ gegenüber führte er seine Ansicht aus: „Wenn das ZDF bei Phoenix nicht mitmacht, dann muss die ARD es bei Tagesschau24 alleine machen.“ So sieht er die Zukunft der öffentlich-rechtlichen ARD in der Information. Dabei verweist der Ex-ARD-aktuell-Chefredakteur auf die deutschen Nachbarländer: „Großbritannien, Frankreich, Russland, alles Länder mit Nachrichtenkanälen – nur in Deutschland gibt es dieses Programm nicht“, so Deppendorf.
Das entsprechende Potenzial sieht der 66-Jährige bei ARD-aktuell in Hamburg durchaus gegeben, um einen 24-Stunden-Nachrichtenkanal zu stemmen. So wären sowohl Kompetenz als auch Kapazitäten vorhanden. Allerdings wären dazu die entsprechenden Finanzen notwenig, wenn auch „keine Riesensummen“. Von der Politik erwartet Deppendorf gegen ein derartiges Vorhanben keinen Widerstand.
Phoenix verwehrt sich gegen die Forderung, sich in einen Nachrichtenkanal zu verwandeln. „Unser Auftrag ist es, politische Ereignisse abzubilden, ihre Hintergründe darzustellen und sie einzuordnen“, erklärte eine Sendersprecherin gegenüber dem „Tagesspiegel“. „Das tun wir mit sehr knappen Ressourcen, personell wie finanziell. Ein Nachrichtenkanal sollten wir nie sein und haben dazu auch keine Kapazitäten.“ Die Entscheidung für einen solchen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanals müsste nach Meinung des Senders die Politik treffen.
Das ZDF sieht derweil sein Onlineangebot als ausrechend an. „http://heute.de, das ist doch heute schon unser Nachrichtenkanal“, sagte Chefredakteur Peter Frey dem „Tagesspiegel“. „Hier wollen wir die Livestrecken ausbauen.“[kw]
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