Nach der heftigen Kritik an der „Tagesschau“ wegen der Berichterstattung im Mordfall einer Freiburger Studentin zieht die ARD ihre Konsequenzen und bestellt einen Qualitätsmanager.
Den Umgang mit zunehmender Kritik an der Berichterstattung will „ARD-aktuell“ mit einem Qualitätsmanager begleiten. Er soll die redaktionelle Arbeit unter Berücksichtigung der Zuschauerbeschwerden unterstützen und im Laufe des kommenden Jahres seine Arbeit aufnehmen. Das kündigte „ARD-aktuell“-Chefredakteur Kai Gniffke am Montagabend im Rahmen einer Vorlesungsreihe zum Thema „Lügenpresse“ an der Hamburger Universität an.
Zugleich plädierte er für mehr Erklärformate in den Sendungen von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“, was dazu führen werde, dass andere Themen weniger oder kürzer behandelt würden. „Wir werden in Zukunft stärker sieben und uns auch mehr erklären müssen, warum wir das tun“.
Zuvor nahm der Journalist vor etwa 300 Zuhörern nochmals Stellung zu den Vorwürfen, auf eine Berichterstattung über die Freiburger Studentin verzichtet zu haben, die mutmaßlich von einem 17-jährigen Flüchtling aus Afghanistan ermordet wurde. Es falle ihm schwer, in diesem Zusammenhang von mangelnder Relevanz zu sprechen, aber dieser Fall habe nicht in das Portfolio der Nachrichtensendung gepasst. Gniffke hatte sich dazu bereits im „Tagesschau“-Blog erklärt.
Unter dem Vorlesungstitel „Medienkritik als Hassrede“ berichtete Gniffke von einer wachsenden Zahl an Leser- und Zuschauerkommentaren seit dem Beginn der Ukraine-Krise vor knapp drei Jahren. Mittlerweile erreichten die Redaktion pro Tag durchschnittlich 200 Kommentare per Mail, 2000 Kommentare bei „tagesschau.de“, 8000 Posts via Facebook sowie eine offizielle Programmbeschwerde, mit der sich der Rundfunkrat befassen müsse.
Ein Team von neun Angestellten sowie zusätzliches Personal aus der Social-Media-Redaktion kümmerten sich um die Beantwortung der Kritik. „Bei der Quantität der Zuschauerkritik sind wir – glaube ich – Marktführer in Deutschland.“ Gniffke beklagte eine mangelnde Differenziertheit in der gesellschaftlichen Diskussion: Entweder man sei für oder gegen Flüchtlinge, für oder gegen Russland. Dennoch helfe die Kritik, die eigene Arbeit und die redaktionellen Standards stetig zu überprüfen. [dpa/kw]
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