Murdoch: Versteinerte Miene vor Parlament – „Tag größter Demut“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Medienmogul Rupert Murdoch und sein Sohn James haben sich in der Abhör- und Korruptionsaffäre vor einem britischen Parlamentsausschuss entschuldigt. „Das ist der Tag der größten Demut in meinem Leben“, sagte Rupert Murdoch am Dienstag zu Beginn der Befragung.

Mit versteinertem Gesicht antwortete er auf Fragen der Abgeordneten zunächst mit knappen Aussagen – teilweise nur mit „Ja“ oder „Nein“. Auf die Abhöraffäre bei der britischen Skandalzeitung „News of the World“ habe er „so schnell und transparent“ wie möglich reagiert, sagte er. Sein Sohn James Murdoch begann seine Stellungnahme ebenfalls mit einer Entschuldigung.
 
Auf viele Fragen reagierten die beiden Unternehmer abweisend. Die „News of the World“ machten weniger als ein Prozent des Konzerns aus, betonte der 80-jährige Medienzar. Die meisten Fälle hätten gar nicht Schwelle erreicht, dass die Murdochs überhaupt involviert gewesen wären, ergänzte sein Sohn James. Als der Unternehmensführung 2010 der Fall der bespitzelten Schauspielerin Sienna Miller bekanntgeworden sei, habe man sofort die Polizei informiert und weitere Untersuchungen eingeleitet.
 
Das Erscheinen des 80-jährigen Medienzars wurde als Sensation gewertet. Nach Angaben des Senders BBC war es das erste Mal in rund 40 Jahren, seit Murdoch Anteile an britischen Medien besitzt, dass er sich vor Parlamentariern verantworten musste. Der Australier mit US-Pass galt in Großbritannien bisher als nahezu unantastbar.

Im Laufe des Nachmittags sollte auch Murdochs langjährige Vertraute Rebekah Brooks aussagen. Die Macht des Ausschusses ist begrenzt. Er kann nur Empfehlungen weitergeben. Eine Aussage unter Eid ist nicht möglich. Beobachter erwarten, dass sich die Vorgeladenen streng an die Vorgaben ihrer Juristen und daher eher bedeckt halten werden.

Derweil gab es neue dramatische Entwicklungen in dem Skandal. Kurzzeitig wurde die Webseite der britischen Boulevardzeitung „The Sun“ gehackt, Besucher wurden zu einer gefälschten Meldung über einen angeblichen Selbstmord Murdochs weitergeleitet. Laut einem CNN-Bericht bekannte sich die Hackergruppe Lulz Security am Montag via Kurznachrichtendienst Twitter zu dem Angriff. Die Gruppe kündigte weitere Cyberattacken in den kommenden Tagen an. Lulz Security hatte sich bereits auf Webseiten von Unternehmen wie Sony und auch des US-Senats eingehackt.Hauptzeuge tot in seiner Wohnung aufgefunden

 
Am Montag starb überraschend der Hauptbelastungszeuge gegen Andy Coulson, den früheren Chefredakteur der Murdoch-Zeitung „News of the World“ und späteren Berater von Premierminister David Cameron. Der Journalist Sean Hoare wurde tot in seiner Wohnung gefunden. Zeichen für ein Verbrechen gebe es nicht, teilte die Polizei mit. Die Leiche werde obduziert.

Hoare hatte im vergangenen Jahr in einem Interview der „New York Times“ erklärt, Coulson habe vom Anzapfen der Telefone nicht nur gewusst, sondern ihn persönlich sogar angestiftet, „die schwarzen Künste“ zu nutzen. Der 2005 bei der „News of the World“ gefeuerte Journalist galt als alkoholabhängig.

Im Marathon der Anhörungen in den Parlamentsausschüssen hatte am Dienstag zuerst der zurückgetretene Chef von Scotland Yard, Sir Paul Stephenson, ausgesagt. Er sei nicht zurückgetreten, weil er gezwungen worden sei oder neue Enthüllungen um zu enge Verstrickungen oder Bestechungsgelder befürchtete, die „News of the World“ an Polizisten gezahlt haben soll. Er habe lediglich Schaden von seiner Behörde abwenden wollen, sagt er. Diese müsse sich auf die Sicherung der Olympischen Spiele 2012 in London vorbereiten.

Opposition wirft Regierung „katastrophalen Fehler“ vor

 
Stephenson war vorgeworfen worden, er habe sich einen Kuraufenthalt für sich und seine Ehefrau zum Teil bezahlen lassen. Für die Kureinrichtung hatte auch der ehemalige „News-of-the-World“-Journalist Neil Wallis gearbeitet. Wallis war später von Scotland Yard als PR-Berater engagiert worden.

Stephenson zog – wie bereits bei seinem Rücktritt am Sonntag – erneut den Vergleich zu Premierminister Cameron, der mit Coulson ebenfalls einen „News-of-the-World“-Journalisten eingestellt hatte. Coulson sei wegen seines Rücktritts als Chefredakteur der Zeitung bereits mit dem Abhörskandal in Verbindung gebracht worden. Das habe für Wallis zum damaligen Zeitpunkt nicht zugetroffen.

Unterdessen wuchs der Druck auf Premierminister Cameron. Inzwischen sieht er sich mit offenen Rücktrittsforderungen konfrontiert. Sein Parteifreund Gerald Kaufman fragte: „Sollte der Premierminister nicht seine Position überdenken?“ Oppositionsführer Ed Miliband attestierte Cameron eine „katastrophalen Einschätzungsfehler“, als er Coulson zu seinem Regierungssprecher machte.„News of the World“: Mehr als 4 000 abgehörte Telefone

Auch aus seiner eigenen konservativen Partei wurde Kritik an Cameron laut, weil er trotz der Affäre seine geplante Reise nach Südafrika antrat. Der Regierungschef musste den Besuch nun verkürzen und sollte bereits am Dienstagnachmittag nach London zurückkehren. An diesem Mittwoch will er im Parlament sprechen.

Zusätzlich unter Druck geriet Cameron am Dienstag, als herauskam, dass die im Abhörskandal vorübergehend festgenommene Murdoch-Managerin Brooks als Gast bei seinem 44. Geburtstag im vergangenen Oktober war. Es war die 27. Begegnung Camerons mit Murdoch-Managern in nur 15 Monaten Amtszeit. Die Geburtstagseinladung war von der Downing Street zunächst verschwiegen worden.

Brooks war von 2000 bis 2003 Chefredakteurin des inzwischen eingestellten Blatts „News of the World“. Dessen Reporter hatten die Telefone von 4 000 Prominenten, Verbrechensopfern, Hinterbliebenen und Soldatenwitwen illegal abgehört. Coulson soll Geldanweisungen abgezeichnet haben, mit denen Polizisten bestochen wurden. Camerons früherer Spin-Doktor war am 8. Juli vorübergehend festgenommen worden – unter anderem wegen Korruptionsverdachts. [Michael Donhauser/ar]

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5 Kommentare im Forum
  1. AW: Murdoch: Versteinerte Miene vor Parlament - "Tag größter Demut" Ich glaub Murdoch hat wirklich nix vom Handy-Hacken gewusst. Ich glaub Murdoch ist kein schlechter Mensch.
  2. AW: Murdoch: Versteinerte Miene vor Parlament - "Tag größter Demut" Das ist entwaffnend lieb gesagt. Bitte bedenke aber: -Murdoch versteht etwas von Rhetorik. -Er wurde auf seinen Auftritt intensiv vorbereitet. -Ein Chef muss (oder will) die Details nicht unbedingt wissen. Er gibt aber die generelle Firmenlinie vor. -Was mag "schlechter Mensch" heißen? Ein Machtmensch ist er gewiss, und sein Imperium ist ihm ganz bestimmt wichtiger als die Eltern eines ermordeten Mädchens. Er bringt sicher keine Kinder um. Gruß th60
  3. AW: Murdoch: Versteinerte Miene vor Parlament - "Tag größter Demut" Wieder jemand der irgendwann wegen Macht und/oder Geldgier den rechten Pfad verlassen hat und nun nicht mutig genug ist aus freien Stücken die Wahrheit zu sprechen und Verantwortung zu übernehmen. Erinnert irgendwie an Uwe Barschel, Colin Powell, George Bush, Manfred Kanther,Karl Theodor zu Guttenberg...
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