Die britische Abhöraffäre wird zur politischen Schlacht: Premierminister David Cameron muss sich wegen seiner Nähe zum Murdoch-Imperium peinliche Fragen gefallen lassen. Am Dienstag erscheint Rupert Murdoch selbst zum Showdown vor Parlamentariern.
Während immer mehr Schlüsselfiguren im Abhör- und Korruptionsskandal um das Medienimperium von Rupert Murdoch ihren Hut nehmen müssen, wächst der Druck auf Großbritanniens Premierminister David Cameron. Die Opposition warf dem Regierungschef vor, ein zu enges Verhältnis zu Murdoch und den Führungsfiguren seines Medienimperiums gepflegt zu haben.
Unterdessen trat mit John Yates am Montag der zweite hochrangige Polizist von Scotland Yard zurück. Der renommierten Polizeibehörde wird Korruption vorgeworfen. Am Sonntag nahm bereits Sir Paul Stephenson, der ranghöchste britische Polizist seinen Hut. Zuvor hatten mit Rebekah Brooks und Les Hinton zwei Murdoch-Top-Manager das Handtuch geworfen.
Am Dienstag müssen Rupert Murdoch, sein Sohn James, die frühere Verlagsleiterin von News International, Rebekah Brooks und der zurückgetretene Polizeichef Stephenson vor Parlamentariern Rede und Antwort zu der Affäre stehen. Am Mittwoch soll das Parlament erneut über die Angelegenheit debattieren – einen Tag nach Beginn der eigentlichen Sommerpause. Premierminister David Cameron verkürzte eine für vier Tage geplante Reise nach Südafrika um die Hälfte, um an der Debatte teilnehmen zu können.Regierungschef Cameron gerät zunehmend unter Druck
Der Regierungschef geriet nach dem Rücktritt von Polizeichef Stephenson erheblich in die Defensive. Stephenson hatte seinen Rücktritt damit begründet, dass er einen ehemaligen leitenden Redakteur der inzwischen eingestellten Skandalzeitung „News of the World“ eingestellt hatte. Neil Wallis habe aber beim Beginn seiner Arbeit nicht im Zusammenhang mit dem Abhörskandal gestanden, sagte Stephenson. Cameron hatte den Chef von Wallis, Andy Coulson, zum Regierungssprecher gemacht, nachdem dieser als Chefredakteur der Zeitung bereits wegen der Abhöraffäre zurückgetreten war.
Oppositionsführer Ed Miliband warf Cameron deshalb vor, durch frühere Entscheidungen „gelähmt“ zu sein. Cameron müsse nun „schwierige Fragen“ beantworten. Unter anderem müsse er sagen, ob er bei seinem zahlreichen Treffen mit Murdoch oder dessen Top-Managerin Rebekah Brooks auch über die Komplettübernahme der Senderkette BSkyB gesprochen habe, forderte Miliband am Montag. Medienmogul Murdoch wollte BSkyB komplett übernehmen, legte die Pläne im Zuge der Affäre um unerlaubte Recherchemethoden seiner Zeitungen aber auf Eis.
Cameron erklärte bisher, er habe nichts von Coulsons möglichen Verwicklungen in den Skandal gewusst. Er übernehme die „volle Verantwortung“ für die Einstellung des ehemaligen Journalisten, der am 8. Juli von der Polizei festgenommen worden war. Coulson galt als einer der einflussreichsten Spin Doktoren in der Downing Street. Dem Premierminister werden außerdem freundschaftliche Kontakte zu Rebekah Brooks nachgesagt. Die Vorstandschefin der Murdoch-Verlagsholding News International trat am Freitag zurück und wurde am Sonntag von der Polizei festgenommen. Inzwischen ist sie wieder auf freiem Fuß.
Murdoch-Anhörung morgen auf Phoenix
Am Wochenende hatten sich die Ereignisse in der Affäre um abgehörte Telefone und bestochene Polizisten erneut überschlagen: Nachdem die Murdoch-Vertraute Brooks festgenommen worden war, hatte Scotland-Yard-Chef Stephenson am Sonntagabend überraschend seinen Rücktritt bekanntgegeben. Er war in die Kritik geraten, weil er sich einen Kur-Aufenthalt teilweise hatte bezahlen lassen. PR-Chef des Kur-Unternehmens war Wallis, einst Journalist bei der „News of the World“. Am Montag trat auch Stephensons Stellvertreter John Yates zurück. Er hatte im Jahr 2009 eine Wiederaufnahme der polizeilichen Ermittlungen in der Affäre verweigert.
Mit Spannung wartete Großbritannien auf das für Dienstag angesetzte Treffen von Untersuchungskomitees des Parlamentes, vor denen neben Murdoch selber auch dessen Sohn James sowie Brooks und Stephenson auftreten sollen. Der Vorsitzende des Komitees, John Whittingdale, kündigte an, dass vor allem die Position von News International untersucht werden solle und es nicht um einen öffentliche Vorführung des 80 Jahre alten Murdoch gehe.
Die parlamentarische Anhörung von Rupert Murdoch wird am Dienstag im deutschen Fernsehen von Phoenix ab 15.30 Uhr (MESZ) live übertragen.
[Britta Gürke/Michael Donhauser]
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