Sie heißen Youtube, Hulu und Netflix und sind die Big Player im maßgeblichen US-Markt für Video-Portale im Internet. Auf der internationalen Content-Messe Mipcom in Cannes gab die Gattung der Online-Anbieter dieses Jahr erstmals den Ton an – und markierten damit einen Wendepunkt.
Bei der am Freitag zu Ende gehenden Messe für TV-Inhalte Mipcom standen dieses Jahr erstmals die Anbieter von Online-Videotheken im Mittelpunkt. Platzhirsche wie Hulu und Netflix, die bisher hauptsächlich Inhalte hinzukauften, oder im Fall von Youtube hauptsächlich auf Content von Nutzern setzten, gaben bekannt, ab sofort neue Wege einschlagen und stärker als jemals zuvor in die Produktion von eigenen Inhalten investieren zu wollen. Die Mipcom war für die Video-Portale genau der richtige Ort, um diesen Schritt mit großer Präsenz öffentlichkeitswirksam zu zelebrieren und große Eigenproduktionen anzukündigen. Die diesjährige internationale Content-Messe markierte so einen Wendepunkt für die Position und Rolle der Video-Anbeiter im Netz, die auch Einfluss auf die klassischen TV-Sender nehmen wird.
Für das größte Aufsehen auf der Mipcom dürfte wohl derVideo-on-Demand-Anbieter Netflix gesorgt haben. Das amerikanischeUnternehmen kündigte an, die exklusive Serie „House of Cards“ mitProduzent und Schauspieler Kevin Spaceyumzusetzen. Das Brisante daran: Für die zwei in Auftrag gegebenenStaffeln mit je 13 Folgen werden insgesamt 100 Millionen Dollar (rund 77Millionen Euro) investiert – so viel hatte ein ausschließlich imInternet agierender Akteur im Medienmarkt bisher noch nie für die Produktioneiner Serie ausgegeben.
Netflix setzt mit dieser Investition eindeutig auf die wachsende Kundschaft des Video-on-Demand-Sektors. Das amerikanische Magazin „Hollywood Reporter“ feierte die neue Serie bereits als „Zukunft des Fernsehens“. Auch Kevin Spacey und der Oscar-nominerte Drehbuchautor der Serie, Beau Willimon seien dieser Meinung. Zukünftig werde demnach die Mehrzahl der Menschen auf diesem Weg Fernsehen – gezielt und unabhängig.
Auch das Serienportal Hulu gab teilte der Mipcom mit, sich zukünftigstark auf die Produktion von eigenen Formaten fokusieren zu wollen. Dasamerikanische Unternehmen gab bekannt, gemeinsam mit der BBC dieHulu-exklusive Serie „Wrong Mans“ zu produzieren. Dabei handelt es sichum die mittlerweile zweite Co-Produktiondes Videoportals mit der BBC. Darüber hinaus verkündete Youtube, seine über 100 bereits in den USA verfügbaren OriginalChannels um weltweit 60 Kanäle zu erweitern – unter anderem auch mit zwölf Channels in Deutschland.Die exklusiven Inhalte dieser Themenkanäle sollen von etabliertenProduktionsfirmen, wie der deutschen UFA oder der niederländischenEndemol, für die Google-Tochter produziert werden.
Trotz den immer wiederkehrenden Beteuerungen der Video-Plattformen, nicht in einen Konkurrenz-Kampf mit den klassischen TV-Sendern treten zu wollen, müssen sich die Veranstalter der linearen Fernseh-Programme angesichts der neuen Gangart von Portalen wie Youtube oder Netflix trotzdem Gedanken über ihr Angebot machen – auch wenn sie dies nicht öffentlich zugeben werden und wollen. Um ein zu großes Abwandern der Zuschauer vom klassischen Programm ins Internet zu verhindern, müssen auch die Sender mit hochwertigen Produktionen und Inhalten aufwarten.
Die Kunst wird dann aber wohl auch darin bestehen, diese Inhalte im Programmablauf bestmöglich zu platzieren um dem Zuschauer die Sendungen auch zum bestmöglichen, passenden Zeitpunkt liefern zu können. Mit Video-on-Demand wird das klassische Fernsehen in dieser Hinsicht aber niemals voll und ganz mithalten können – was auch nicht das Ziel sein darf. Die auf der Mipcom gestartete Offensive der Online-Portale ist jedoch ein großer und weiterer Schritt, hin zu einer (annähernden) gleichberechtigten Co-Existenz von klassischem Fernsehen und Video-on-Demand auf dem TV-Bildschirm. [hjv]
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