Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien, Wolf-Dieter Ring, hat die Reality-Formate im Fernsehen kritisiert. Die Unterscheidung zwischen Realität und Inszenierung sei für viele Menschen immer schwieriger.
„Inszenierte Wirklichkeit – was ist eigentlich noch echt im TV“ lautete das Thema bei den 8. Augsburger Mediengesprächen am Mittwochabend im Augsburger Rathaus. Bei der von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) organisierten Diskussionsrunde sagte BLM-Chef Ring: „Das Nachmittags- und Abendprogramm ist voll von Dokusoaps und -dramen, die als Ratgeber daherkommen“. Es sei für die Fernsehzuschauer immer schwieriger zu unterscheiden, was ist echt, was ist Fiktion. Auch aus dem Publikum kam Kritik: Kinder könnten doch gar nicht unterscheiden, was da echt ist und was inszeniert, zitierte die „Augsburger Allgemeine“ am Donnerstag die Wortmeldung einer Mutter in der Veranstaltung.
Kulturjournalist Alexander Kissler bezeichnete Reality-TV und ähnliche Vormittagsformate als „Schrei- und Krawall-TV der ordinärsten Form“. Die Moderatori der Sat.1-Sendung „Zwei bei Kallwass“, Angelika Kallwass erwiderte: „Sie haben Vorurteile, Sie ironisieren, Sie setzen Ihre Punkte, Sie hören nicht zu“.
Jürgen Erdmann von der Produktionsfirma Norddeich TV, die unter anderem die Sendung „Mitten im Leben“ und „Schulermittler“ produziert, findet, diese Sendungen seien „gute Unterhaltung mit Beratungscharakter“. BLM-Präsident Ring hielt dem gegenüber, dass der Zuschauer erst am Ende der Sendung im Abspann erfahre, dass die Geschichten frei erfunden sind. Erdmann war dieses Argument unwichtig. Für ihn zähle das Ergebnis. „Viele Menschen erkennen sich wieder in solchen Geschichten. Das ist mir auch schon so gegangen“, so der Produzent.
Maya Götz, Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen in München, machte sich für eine höhere Medienkompetenz der Zuschauer stark: „Entscheidend ist, dass wir erkennen, was da gemacht wird“, sagte sie im Hinblick auf die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“. Dort werde ein Umgang vorgeführt, der respektlos sei, so Götz. Das sehen auch die Protagonisten solcher Sendungen so. Markus Grimm, 2004 Gewinner der Castingshow „Popstars“, beschwerte sich, mittlerweile gehe es nur noch um Skandale. So habe er über den nahenden Krebstod seines Vaters vor laufenden Kameras sprechen müssen. Erst nach der Aufzeichnung habe er gemerkt, dass das möglicherweise ein Fehler war. [mw]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com