München – Die Vorstellung vom Pay-TV-Markt als Eldorado für Spartensender scheint dem Wunschtraum näher als der Realität.
Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer des Panel 5.5, das die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) im Rahmen der Medientage München veranstaltete. Zwar lasse sich angesichts einer Vielzahl neuer Möglichkeiten durchaus eine positive Grundstimmung ausmachen, die Spielräume für neue Anbieter seien jedoch eng.
„Dass sich hier Wunschträume verwirklichen lassen, glaube ich nicht“, schätzte Dr. Georg Kofler, Vorsitzender der Geschäftsführung von Premiere, die digitalen Marktchancen für Spartenprogramme eher gering ein. Gleichzeitig vermutete der Premiere-Chef in seinem Eingangsstatement, dass die Digitalisierung „unternehmerische Phantasie und Wagemut“ beflügele. „Wir haben die kritische Masse erreicht“, erklärte Kofler angesichts von fast sechs Millionen deutschen Haushalten mit digitalem TV-Empfang. Das erlaube „neue Spielräume“, die allerdings durch das breite Free- TV-Angebot des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ausgesprochen begrenzt seien. „Es ist mühselig, neue Formate oder Sender zu erfinden“, konstatierte Kofler.
Wesentlich optimistischer gab sich Dr. Margot Schohmann, Leiterin Produktmanagement Digital TV bei der Kabel Deutschland GmbH (KDG). Abo-TV sei das Eldorado für Spartensender, urteilte sie. „Der Markt ist da, und er ist spannend.“ Während bislang von Premiere ausschließlich der Premium- Markt bedient worden sei, widme sich Kabel Deutschland dem vernachlässigten Mittel- und Niedrigsegment, dem Massenmarkt. „Der Konsument braucht schlicht mehr Auswahl“, hob Schohmann hervor.
Zuversichtlich für den deutschen Pay-TV-Markt äußerten sich auch Isabelle Hen-Wollmarker, Vice President of Marketing and On-Air des US-Programmveranstalters AETNinternational, einem der weltweit führenden Anbieter von Spartenkanälen (The History Channel), sowie Michael Kreissl, Vice President des Disney Channel. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, erklärte Kreissl im Hinblick auf die KDG-Plattform, auf der Disney mit gleich zwei neuen Angeboten vertreten ist. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem es für Spartenkanäle möglich ist, Geld zu verdienen“, betonte auch Isabelle Hen-Wollmarker.
Henning Röhl, Geschäftsführer des Spartensenders Bibel TV, bestätigte diese Auffassung. In absehbarer Zukunft will Röhl weitere christliche Programme für spezifische Zielgruppen starten. Eine klare Zielgruppendefinition – da waren sich alle Diskussions-Teilnehmer einig – gehöre zu den wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg neuer Spartensender in Deutschland. „Wenn Sparte funktionieren soll, muss sie sehr spezialisierte Zielgruppen ansprechen“, sagte Thomas Deissenberger, Geschäftsführer Deutsches Sportfernsehen (DSF). Pay-TV habe für das DSF zwar keine Priorität, zwei bis drei Spartenkanäle seien für die Zukunft aber durchaus denkbar.
Ähnlich argumentierte Dr. Marcus Englert, Managing Director Seven One Intermedia. „Auf der Free-TV-Insel lebt es sich recht gut“, bekannte er, zurücklehnen könne man sich allerdings nicht. Eine Marktfragmentierung werde zweifellos kommen, so Englers Prognose. „Wir werden Spartenkanäle, die zu unserer Marke passen, nutzen“, kündigte er an. Gedacht sei dabei etwa an neue Angebote im Genre Comedy. Auch wenn die Akteure das Gold bereits schimmern sehen: Trotz vielfältiger Erlösströme – von Abonnementgebühren über Werbeeinnahmen bis hin zu gebührenpflichtigen interaktiven Elementen – fehlt für die Gold-Mine im digitalen Pay-TV-Markt noch die entscheidende Spur. [fp]
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